Einige unserer 30 einheimischen Fledermausarten bewohnen Dachstöcke, in denen die Tiere gut sichtbar unter der Decke hängen. Doch der Grossteil der heimlichen Flugakrobaten versteckt sich in engen Ritzen und Spalten von Gebäuden.
Fledermäuse leben mit uns Menschen unter einem Dach und schätzen, was wir auch mögen: Es ist sicher, trocken und zieht nicht durch die Ritzen. Fledermäuse in Fassadenspalten oder Zwischendächern bekommen wir höchstens beim abendlichen Ausflug zu Gesicht, wenn die kleinen Flatterer in der Dämmerung blitzschnell und scheinbar lautlos zur nächtlichen Insektenjagd starten. Ist der Raum unter der Spalte offen, dann fallen unter Umständen aber ihre Hinterlassenschaften auf: meist reiskorngrosse, braune bis schwarze Kotkrümel. Im Unterschied zu Vogel- oder Eidechsenkot fehlt eine weisse Spitze, die durch ausgeschiedene Harnsäure gebildet wird. Und im Unterschied zu Mäusekot lässt sich Fledermauskot leicht zwischen den Fingern zerbröseln.

Gratis Biodünger von Fledermäusen
Fledermäuse fressen jeden Tag bis zur Hälfte des eigenen Körpergewichts. Unverdauliches wird meist schon eine halbe Stunde später wieder ausgeschieden. Trotzdem können sich mit der Zeit auch im oder unter dem Quartier Kot-Chegeli ansammeln, insbesondere wenn mehrere Tiere das Quartier besiedeln. Doch was tun, wenn sie auf Fenstersims, Balkontisch oder die Terrasse fallen? Auf den Fenstersims stellt man am einfachsten eine gesicherte Blumenkiste. Die Biodüngung von oben ist gratis. Montiert man ein beliebig langes, aber maximal 30 cm breites Brett mindestens 50 cm unter der Ausflugöffnung, fallen die Kotkrümel auf das Brett anstatt auf Tisch und Stühle. Durch die jährliche Reinigung des Brettes gewinnt man zudem einen nährstoffreichen Dünger.

Wie findet die Fledermaus wieder hinaus?
Fledermäuse bilden im Sommerhalbjahr Wochenstuben: Meist bis zu einige Dutzend Weibchen besiedeln ein warmes Quartier, in dem Trächtigkeit, Geburt und Jungenaufzucht stattfinden. Im Spätsommer werden die jungen Fledermäuse flügge. Bei der Quartiersuche fliegen die unerfahrenen Teenager aber auch Spalten an, aus denen sie kaum mehr herauskommen, wie zum Beispiel den Spalt bei Kippfenstern. Eine Fledermaus findet nicht mehr hinaus, weil sie mit ihrem Ultraschallsystem die Öffnung in die Freiheit von innen nur schlecht orten kann. Von vorne angeflogen ist die rettende Spalte im Hörbild nämlich nicht «sichtbar». Bemerkt man eine fliegende Fledermaus im Zimmer, sollen ganz einfach die Fenster weit geöffnet und das Licht gelöscht werden. Unser Flatterer wird innert kurzer Zeit die rettende Ausflugöffnung finden. Ist die Fledermaus bereits erschöpft und rastet, soll das Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 für eine Beratung kontaktiert werden. Insbesondere Kippfenster in unbenutzten Räumen sollten nachts geschlossen bleiben oder mit einem Fliegengitter geschützt werden. Dadurch vermeidet man nicht nur, dass Fledermäuse in den Innenräumen vor Erschöpfung verenden können sondern auch das Eindringen von Stechmücken.

Wer eine Fledermaus zu Gast hat, gehört zu den Auserwählten
Fledermäuse können von ihrem Tagesschlafversteck viele Kilometer weit ins Jagdgebiet fliegen. Dort vertilgen sie riesige Mengen an Insekten, darunter auch solche, die schädlich für die Landund Forstwirtschaft sind – aber auch Stechmücken. Wer ein Fledermausquartier hat, gehört deshalb zu den auserwählten Gastgebern. Wer sich Zeit nimmt, die nützlichen Untermieterinnen beim abendlichen Ausflug zu beobachten, wird sie schnell in sein Herz schliessen. Besonders Kinder sind von Fledermäusen begeistert.
Fledermäuse leben bei uns das ganze Jahr am Haus
Fledermäuse leben in unseren Breiten aber meist nicht das ganze Jahr über am Haus. Zwergfledermäuse erscheinen in der Regel Anfang Mai, um eine Wochenstube zu bilden. Die Jungen sind meist schon im Juli flügge und im Anschluss ist das Quartier bereits wieder verwaist. Von Juli bis September können «Teenagerbanden» herumvagabundieren: Sie beziehen meist nur für wenige Tage ein Quartier und verschwinden wieder genauso plötzlich, wie sie aufgetaucht sind. Grosse Abendsegler hingegen verstecken sich meist erst ab Oktober in Gebäudefassaden um hier kühl, aber frostsicher den Winterschlaf zu halten.
Fledermäuse sind scheue und harmlose Gäste
Trotz des irreführenden Namen Fleder- «Maus» sind Fledermäuse keine Nagetiere, sondern mit den Insektenfressern Igel, Maulwurf und Spitzmaus verwandt. Fledermäuse haben also keine Nagezähne, mit denen sie Löcher nagen können. Sie nutzen ausschliesslich bereits bestehende Spalten und Hohlräume als Tagesschlafversteck. Ängste vor Schäden am Haus durch Fledermäuse sind also meist unbegründet. Werden Fledermäuse im Quartier gestört, beginnen sie mit hohen Tönen zu zwitschern und ziehen sich noch tiefer ins Versteck zurück.
Fledermäuse am Haus fördern
Fledermäuse suchen sich ihre Quartiere sehr sorgfältig aus. Nebst der Sicherheit muss das Mikroklima stimmen. Wochenstuben mit den Weibchen und Jungtieren sind warme Quartiere. Die kleinen Tiere müssen dadurch kaum Energie aufwenden, um die Körpertemperatur im Betriebsmodus zu halten. Quartiere von Männchen sind hingegen meist kühl. Fledermäuse können wie andere Kleinsäuger auch eine Tagesschlaflethargie herbeiführen. Dabei wird die Körpertemperatur auf ein paar Grad über der Umgebungstemperatur abgesenkt. Eine Fledermaus in Tagesschlaflethargie braucht kaum Energie zum Heizen des Körpers. Ebenfalls kalt sind Winterschlafquartiere. Je nach den saisonalen Bedürfnissen nutzen Fledermäuse deshalb ganz unterschiedliche Quartiere. Wer Fledermäuse am Haus hat, muss also nicht für sie sorgen. Sie fühlen sich dort wohl. Auch gut gemeinte Veränderungen schätzen sie nicht. Wer Fledermäuse fördern will, achtet deshalb auf einen naturnahen Garten mit einheimischen Pflanzen und vermeidet Lichtverschmutzung.

Fledermausfreundliche Renovationen
Fledermäuse sind bedroht und daher bundesrechtlich geschützt. Mehr als die Hälfte der einheimischen Fledermausarten steht auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Es ist deshalb verboten, sie zu töten, ihre Verstecke zu zerstören oder sie daraus zu vertreiben. Doch irgendwann muss jedes Haus renoviert werden. In der ganzen Schweiz beraten deshalb Expertinnen und Experten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, wie man gesetzeskonform fledermausfreundlich renovieren kann. So begleitet der Fledermausschutz in der Schweiz jährlich rund 300 bis 500 Renovationen. Dank dieser Dienstleistung bleibt ein grosser Teil dieser Fledermausquartiere erhalten – und damit auch ein grossartige Erlebnismöglichkeit für unsere Kinder und Kindeskinder.
Die Stiftung Fledermausschutz
Das Hauptanliegen der Stiftung Fledermausschutz ist die Sympathiewerbung für Fledermäuse, denn nur wer Fledermäuse kennt, kann Fledermäuse schätzen und schützen. Die Stiftung Fledermausschutz ist die Drehscheibe für fledermauskundliige Informationen in der Deutschschweiz und im Tessin. Sie berät Behörden, Fachpersonen und die Bevölkerung bei der Umsetzung der bundesrechtlichen Schutzbestimmungen. Am Zoo Zürich unterhält sie die Ausstellung «Fledermaus-Welt» und bietet für die interessierte Bevölkerung zahlreiche Ausbildungslehrgänge und Events an, um Fledermäuse hautnah erleben zu können. Die Stiftung Fledermausschutz betreibt mit Unterstützung des Zoos Zürich und des Zürcher Tierschutzes das Fledermausschutz-Nottelefon und die Fledermaus-Notpflegestation. Darüber hinaus engagiert sie sich für die Umsetzung konkreter Schutzprojekte. Helfen Sie uns, unseren Fledermäusen zu helfen!
Spendenkonto: PC 80-7223-1, IBAN CH71 0900 0000 8000 7223 1
Stiftung Fledermausschutz
Zürichbergstrasse 221
8044 Zürich
Sekretariat: 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon: 079 330 60 60
www.fledermausschutz.ch
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NATURZYT Ausgabe September 2023, Text Hubert Krättli Fotos Stiftung Fledermausschutz