schwarz-gelbes Insekt auf einer violetten Blüte

Auf kleinsten Flächen mitten in der Stadt leben Wildbienen. Sie sind bedeutende Bestäuber und somit ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems. Mit kleinen Änderungen erzielen wir eine grosse Wirkung bei der Förderung.

Blütenbesucher, wie Wildbienen oder Schmetterlinge, bestäuben einen Grossteil unserer Kultur- und Wildpflanzen und sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ökosysteme. Von 109 wichtigen Kulturpflanzen sind 87 insektenbestäubt. Dazu gehören Apfel, Erdbeere, Tomate, Mandel oder Melone. In den gemässigten Zonen sind 78% der Wild- und Kulturpflanzenarten auf Insekten als Bestäuber angewiesen.

schwarz gelbe Biene an einer Blüte
Die Wiesenhummel (Bombus pratorum) ist von März bis Juli in Gärten, Wiesen und lichten Wäldern anzutreffen. (Foto: Sandra Schweizer / wildenachbarn.ch)

Wildbienen sind dabei die wichtigste Bestäubergruppe innerhalb der blütenbestäubenden Insekten. Sie produzieren zwar keinen Honig, sind aber sehr fleissige Bestäuberinnen: bis zu 5000 Blüten kann eine Wildbiene pro Tag bestäuben. Dabei sind sie effi zienter als Honigbienen und einige Arten arbeiten schon früh im Jahr – lange bevor Honigbienen das erste Mal den Bienenstock verlassen.

Über 600 einheimische Wildbienenarten in der Schweiz 

In der Schweiz leben über 600 einheimische Wildbienenarten. Viele Arten sind jedoch gefährdet und die Gesamtzahl der Insekten ist stark rückläufig. So hat laut einer deutschen Studie die Insektenbiomasse in den letzten 30 Jahren um 75% abgenommen. Etwa 45% der Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste.

Die Gründe für den Rückgang sind noch nicht vollständig geklärt. Der Einsatz von Pestiziden, eine intensive Landschaftsnutzung, Klimawandel und die Ausbreitung von gebietsfremden Arten und Krankheiten zählen zu den wichtigsten Ursachen des Rückgangs. Im Siedlungsraum setzen die geringe Diversität an einheimischen Blütenpflanzen und die Zerstückelung des Lebensraums den Wildbienen zu. Aufgeräumte Gärten und Grünanlagen mit Buchsbäumen, kurzgeschnittenem Rasen und exotischen Sträuchern und Stauden bieten Wildbienen kaum Nahrung und Lebensraum. Städte können für Wildbienen aber als Refugien dienen, in denen mit geeigneter Pflanzenwahl und einer angepassten Gestaltung und Pflege der Grünflächen Zufluchtsorte für die Bestäuber geschaffen werden können.

Biene im Sonnenlicht an einer violetten Blüte
Diese Glockenblumen-Felsenbiene ist eine der seltenen Wildbienenarten, welche in St. Gallen beobachtet wurden. (Foto: Nelly Baumann / stadtwildtiere.ch)
Biene an einer blauen Blüte
Die seltene Ehrenpreis- Sandbiene (Andrena viridescens), fotografi ert in St. Gallen. (Foto: Katja Frefel / stadtwildtiere.ch)

Wildbienen erforschen mit Citzen Science

Seit 2021 werden im Rahmen des Projektes StadtWildTiere in Zürich, St. Gallen und Luzern Aktionen zu den Blütenbesuchern durchgeführt. Im Rahmen von Citizen-Science-Projekten hat die Bevölkerung mitgeholfen, die Wildbienen der drei Städte zu erforschen. Dabei wurden die Wildbienen fotografiert und mit Hilfe von Experten bestimmt. Dank dieser Mithilfe konnte viel Wissen gewonnen werden. Die Wildbienenforschung in der Stadt ist von grosser Bedeutung: Mittlerweile kommen Wildbienen im Siedlungsraum häufiger vor als ausserhalb und rund ein Drittel der Wildbienenarten lebt in der Stadt.

Schwarze Biene läuft über sand
Hahnenfuss-Scherenbienen (Chelostoma orisomne) besuchen ausschliesslich die Blüten von Hahnenfussgewächsen. (Foto: Philipp Romanin / stadtwildtiere.ch)

Seltene Wildbienen-Arten in den Städten 

In allen untersuchten Städten konnten viele Wildbienen fotografiert werden und es gab Beobachtungen von seltenen Arten. In Zürich wurde beispielsweise die seltene Vierfleck-Pelzbiene (Anthophora quadrimaculata) beobachtet, welche von Juni bis September aktiv ist und ihre Nester in selbstgegrabenen Hohlräumen anlegt. In St. Gallen konnte die Ehrenpreis-Sandbiene (Andrena viridescens) und die Glockenblumen-Felsenbiene (Hoplitis mitis) beobachtet werden und in Luzern die Platterbsen-Sandbiene (Andrena lathyri). Die Glockenblumen-Felsenbiene ist potentiell gefährdet, lebt in Felsensteppen, Schutthalden, Trockenwiesen und Weiden und nistet in Felsspalten, unter Steinen und an Steilwänden. Wie ihr Name schon verrät, nutzt sie verschiedene Glockenblumenarten als Pollenquelle. Sehr auffällig war die grosse Zahl der Honigbienen, die in allen Städten flächendeckend angetroffen wurden. Die Hälfte aller beobachteten Individuen waren Honigbienen. Dies ist bedenklich, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei der Honigbiene nur um eine einzige Art handelt, während in Zürich 216 Arten von Wildbienen nachgewiesen sind. Problematisch wird dies an Orten und zu Zeiten, wo das Blütenangebot knapp ist und entsprechend Konkurrenz um Nahrung entsteht.

Biene von nahem an einer roten Blüte
Die Gemeine Pelzbiene (Anthophora plumipes) ist eine sehr gute und schnelle Fliegerin. (Foto: Nadja Baumgartner / stadtwildtiere.ch)

Blütenangebot als limitierender Faktor der Wildbienen 

Das Blütenangebot nimmt über den Jahresverlauf vom Frühling bis in den Herbst stark ab. Bereits im Juni und Juli ist das Blütenangebot viel kleiner als im April und Mai. Dies ist problematisch, da die meisten Wildbienen im Sommer aktiv sind, aber dann das Blütenangebot viel geringer ist als im Frühling. Um dem entgegenzuwirken, ist eine zeitlich und räumlich gestaffelte Mahd von grosser Wichtigkeit. Zudem sollte mit der Pflanzenwahl das Blütenangebot über die ganze Saison sichergestellt werden.

Wildbienenförderung in der Stadt 

Obwohl viele Wildbienenarten sehr spezialisiert sind und teils hohe Lebensraumansprüche haben, lassen sie sich einfach und wirkungsvoll fördern. Wildbienen leben sehr kleinräumig: Schlafstellen, Nistplätze und Nahrungsquellen liegen alle meist innerhalb von 200 Metern. Daher lassen sich Fördermassnahmen auch auf kleinen Flächen im Siedlungsraum realisieren und bringen schnell Erfolg: Ein Blumentopf auf dem Balkon mit einer pollenund nektarreichen Pflanze wie beispielsweise Salbei oder Glockenblumen wird bald von Wildbienen besucht. So haben schon kleine Flächen ein grosses Potenzial und jeder kann Wildbienen fördern.

Biene mit roten Beinen an einer Blüte
Eine Schmalbiene (Lasioglossum sp.) an der Blüte einer Königskerze. (Foto: Marianne Klug / stadtwildtiere.ch)

Welche Pflanzen bieten Nahrung für Wildbienen? 

Wildbienen und andere blütenbesuchende Insekten suchen Blüten auf, um Nektar und Pollen zu sammeln – als Nahrung für sich selber und für den Nachwuchs. Jedoch produzieren nicht alle blühenden Pflanzen Nektar und Pollen. Bei vielen Zuchtformen von Blumen, Stauden und Sträuchern für Gärten und Parkanlagen fehlen Nektar und Pollen. So blühen Geranien oder Petunien zwar den ganzen Sommer über, bieten jedoch weder Nektar noch Pollen für Wildbienen und sind deshalb für sie nutzlos. Auch bei Pflanzen mit gefüllten Blüten ist das Angebot an Pollen und Nektar in der Regel sehr gering. Gute Nahrungsquellen sind generell Wildpflanzen statt Zierpflanzen. Beispiele von beliebten Wildbienenpflanzen sind Natternkopf, Wiesensalbei, Kornblume und wilde Malve. Eine uns allen gut bekannte Pflanze, welche von einer sehr grossen Anzahl Wildbienenarten genutzt wird, ist der Wiesenlöwenzahn. Wenn Sie unsicher sind, ob eine blühende Pflanze Nahrung für Wildbienen bietet, beobachten Sie die Blüten an einem sonnigen, windstillen Tag: Wenn während 10 Minuten keine Wildbienen die Blüten anfliegen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Blüten keine Nahrung für Wildbienen bieten.

Biene auf einem grünen Blatt nascht von einer roten Blüte
Eine Grosse Wollbiene (Anthidium manicatum) auf einer ihrer bevorzugten Pflanzen, dem Wollziest. (Foto: Willi Bührer / wildenachbarn.ch)

Verein StadtNatur

Der Verein StadtNatur besteht seit 2013 mit dem Ziel, die Natur in Siedlungsräumen sichtbar zu machen, zu schützen und zu fördern. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie lebendig es vor ihrer Haustüre zu und her geht. Das möchte der Verein ändern, denn wer die Vielfalt an Wildtieren im Siedlungsraum nicht kennt, kann sie auch nicht schützen. Im Gegenteil: Solche Wissenslücken führen dazu, dass immer mehr Lebensräume von Wildtieren zerstört werden. Mit den Projekten «StadtWildTiere » und «Wilde Nachbarn» werden gemeinsam mit der Bevölkerung Wildtierbeobachtungen gesammelt, um die Wildtiere im Siedlungsraum sichtbar zu machen und deren Verbreitung zu erforschen. Zusätzlich werden in vielen Regionen der Schweiz Exkursionen, Schulprojekte und Forschungsarbeiten durchgeführt, bei denen sich die Bevölkerung aktiv beteiligen kann. Durch eine enge Zusammenarbeit mit Behörden fliessen die Erkenntnisse in die Stadtplanung mit ein, damit Eichhörnchen, Igel, Wildbienen und Co. auch in Zukunft einen Platz in unseren Dörfern und Städten haben.

Mehr zu den Projekten:

www.stadtwildtiere.ch

www.wildenachbarn.ch

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Weitere Themen rund um unsere Wildbienen die lehrreich sind:

Wildbienen schützen: Wildbienen brauchen Blüten Pollen und Nektar

Wildbienen schützen: Wildbienen - die wunderbare Bienen-Vielfalt der Schweiz

Wildbienen schützen: Hummeln sind wichtige Bestäuber mit über 40 Arten


NATURZYT Ausgabe Juni 2024, Text Lisa Wirthner

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