Bäume am Pfannenstiel mit Sicht auf den Greifensee

Chrache, Tobel, Hoger und Hubel – was können wir anhand solcher Mundartwörter über unsere Wahrnehmung der Landschaft lernen? Die Geographin Flurina Wartmann geht an der Universität Zürich der Frage nach, wie wir Landschaften wahrnehmen und welche Gefühle wir mit ihnen verbinden.

In ihrem Projekt entwickelt sie Methoden, um Landschaft nicht nur als Summe ihrer Bestandteile wie Böden, Gewässer, Flora und Fauna abzubilden, sondern als eine mit allen Sinnen wahrgenommene, kulturelle Landschaft , die beispielsweise inspiriert, entspannt und für viele Menschen Heimat bedeutet.
Dazu befragte sie an insgesamt 10 Standorten in verschiedenen Berg-, Hügel-, Seen-, Fluss- und Moorlandschaften der Schweiz 300 Personen. Zusätzlich zu diesen persönlichen Befragungen gibt es das Angebot, dass jede und jeder über eine Internetplattform mitmachen kann. Auf www.meinelandschaft.ch können Sie Beschreibungen von Landschaft en verfassen, Fotos von Landschaft en hochladen und Mundartbegriffe einschicken. Über die Zeit soll so ein Abbild der Schweizer Landschaft en aus Sicht der Bevölkerung entstehen.

Braune und grüne Blätter am Boden
Iguschlùùf. Ein enger Ein- oder Durchgang, durch den Tiere schlüpfen, «e Schlùùf» (mit einem langen offenen, d. h. gegen o tendierenden u), eine Ableitung von «schlüüffe». Ein Durchgang für einen Igel ist also ein «Iguuschlùùf». (Eintrag: Christian)

Die bisher über die Plattform eingereichten Beiträge bestehen aus zahlreichen Mundartwörtern, teilweise sehr reichhaltigen Beschreibungen von Landschaft en sowie Fotos und Zeichnungen. Die Beiträge lassen die (sprachliche) Vielfalt erahnen, mit denen wir in der Schweiz über Landschaft en sprechen. Doch wie viele von diesen Mundartwörtern werden noch aktiv gebraucht und welche geraten allenfalls bald in Vergessenheit? Wenn aber Wörter für gewisse Aspekte in Natur und Landschaft fehlen, kann man sie allenfalls gar nicht mehr wahrnehmen – und es stört dann auch niemanden, wenn sie eines Tages fehlen. Ein Teil des Projektes hat deshalb zum Ziel, die Vielfalt an Landschaftswörtern zu dokumentieren. Und wer weiss, wenn wir solche Worte wieder häufiger verwenden, vielleicht werden wir uns dieser Phänomene in der Landschaft wieder bewusster. Kennen Sie zum Beispiel das Wort «Iguuschlùùf» (der kleine Durchgang in einer Hecke, durch den Tiere schlüpfen)? Wenn Sie dieses Wort nun kennen, vielleicht entdecken Sie ja solche Durchgänge in Zukunft häufiger oder werden sich überhaupt erst bewusst, wie viele sich in unseren Hecken und Wegrändern verbergen? 

Eine kleine Auswahl an Beispielen

Sank. Eingesunkene Stelle in einer Naturwiese, ähnlich: e Tüele. Entstanden über lange Zeit, wenn sich die Erde über einem entfernten Baumstrunk, einer Drainage o.Ä. gesenkt hat. (Eintrag von Grosvatter) Schöchli. Auch Birlig genannt. Kleiner, sorgfältig aufgeschichteter Haufen Heugras. Früher prägten exakte Reihen davon die Wiesen einer Landschaft. Es gab auch Heinzen und Rollenreuter, um Heugras und Luzerne zu trocknen. (Eintrag von En Puur) Chrache: wildes, abgelegenes Tal. (Eintrag von Brätzeli und Höbi) Tobel: ein enges, kleines Tal. (Eintrag von Chrom) Haben Sie Lust, einen kleinen Beitrag zu einer ihrer Lieblingslandschaften zu verfassen, ein Landschaftsfoto von Ihrem letzten Ausflug hochzuladen oder allenfalls ein Mundartwort einzuschicken?
Alle Einträge sind auf www.meinelandschaft.ch sehr willkommen!


NATURZYT Ausgabe September 2018, Text, Fotos Flurina Wartmann

NATURZYT abonnieren und mit uns, unsere Natur unterstützen.

Cover der aktuellen NATURZYT Ausgabe mit Verlinkung auf unser Abo-Formular

Das Magazin NATURZYT berichtet nicht nur über unsere Natur, damit Sie diese näher erfahren und erleben können, sondern damit Sie gemeinsam mit uns, unsere Natur mehr bewahren und schützen lernen. Deshalb unterstützt NATURZYT auch wichtige Naturprojekte mit einem Teil der Abo-Einnahmen. 

Jedes Abo hilft Naturprojekten! Jetzt unterstützen und abonnieren.

Buch Ravensong - Auch Tiere haben eine Stimme

   

In spannenden und packenden Interviews erzählen unsere Wildtiere mehr über sich, wer sie sind, wie sie leben und auch was sie von uns Menschen erwarten würden.

Jetzt bestellen für CHF 34.90 im A5 Hardcover

Anzeige

NATURZYT Newsletter abonnieren

Mehr Natur erfahren

Wie überwintern eigentlich die Wildbienen?

Wildbiene aus der Sandhöhle krabbelt bei Sonnenschein

Die Honigbiene überwintert gemeinsam im Stock. Wie aber überwintern die Wildbienen?

Sind Vögel, die im Winter hierbleiben, Vegetarier?

Amsel auf dem Winterboden am Nahrung suchen

Vögel ernähren sich im Sommer von Insekten. Sind die Vögel die im Winter hier bleiben dann Vegetarier?

Mehr Natur bewahren

In der Fledermaus-Notpflegestation kehrt Ruhe ein

Fledermaus schaut aus einer Baumhöhle heraus

Das Jahr geht zu Ende und die Fledermäuse habe sich in der Notpflegestation in ihren Winterschlaf zurückgezogen.

Greifvogel Porträt Waldohreule

Graubraune Waldohreule mit leuchtenden gelben Augen

Die Waldohreule ist deutlich seltener als der Waldkauz. Doch wer ist sie?

Mehr Natur erleben

Winterspaziergang - es gibt viel zu erleben

Sonnenaufgang bei Schnee im Wald

Auf einem kurzen oder längeren Winterspaziergang gibt es viel zu erleben, wenn der Schnee fällt und die Natur in ihrem weissen Kleid eingehüllt ist.

Wanderung zur Spitzmeilenhütte in den Flumserbergen

Schneebedeckte Landschaft in den Bergen mit Spuren im Schnee

Eine Wanderung zur Spitzmeilenhütte in den Flumserbergen über dem Walensee ist einzigartig.