Illustration einer Feldgrille im schwarzen Frack und grünem Hut

Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, doch wir sehen die Dinge immer nur aus unserer Sicht. Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben? Was würden sie wohl über uns Menschen denken, und wie würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?

Eine spannende Idee – sähen wir das ganze einmal aus ihrer Sicht und erführen, was sie uns alles zu sagen hätten. Naturzyt hat sich deshalb entschlossen, neue Wege auszuprobieren und sich darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und wir sie einfach fragen könnten.

Sie sind die Musikanten, welche uns die lauen Sommerabende verschönern. In Japan werden sie ihres Gesanges wegen sogar schon von Kindern als Haustiere gehalten, und in China werden die männlichen Vertreter sogar für Kämpfe mit hohen Wetteinsätzen eingesetzt. Auch Walt Disney hat ihnen eine Hauptrolle in «Pinocchio» zugedacht – unseren Grillen.

Da unsere Redaktion an eine Landwirtschaftszone grenzt, kommen wir Abends, bei schönem Wetter, oft in den Genuss des herrlichen Grillengesanges. Was also liegt da näher, als sich mal an eines dieser scheuen Tiere heranzupirschen und es um ein kleines Interview zu bitten.

BITTE ERSCHRICK NICHT, KLEINER MANN.ICH TUE DIR NICHTS. ICH FINDE DEINEN GESANGEINFACH SO WUNDERSCHÖN UND MÖCHTE DICH UM EIN KLEINES INTERVIEW BITTEN. WAS MEINST DU, WÜRDEST DU MIR EINES GEBEN?
Ziiiirrrrppp, wer bist du denn?Ich trau dir nicht.

MEIN NAME IST GINI. ICH ARBEITE DA DRÜBEN IN DER NATURZYT-REDAKTION. WIR GEBEN EIN MAGAZIN FÜR DIE MENSCHEN HERAUS,WELCHE WIE WIR DIE NATUR UND DIE TIERE LIEBEN, UND ES IST UNS WICHTIG AUFZUZEIGEN, DASS EIN JEDES LEBEWESEN AUF DIESEM PLANETEN SEINEN PLATZ HAT UND SEIN DASEIN IM KREISLAUF DES LEBENS WICHTIG IST.
Ziiiirrrppp, ernsthaft, und es gibt Menschen, welche das wirklich lesen?

Feldgrille auf Kiesgrund am Samenstängel essen
Im Gespräch mit NATURZYT
Jimmy van der Feld-Grille ist ein begnadeter Musiker, und Grillen-Damen liegen ihm reihenweise zu Füssen. Er ist ein starker Kämpfer und hält Rivalen weithin fern von seinem Revier und seinem Bau. Er mag am liebsten Wurzeln von Gräsern und verschmäht ab und an auch einen kleinen Insektensnack nicht.

JA NATÜRLICH UND SOGAR IMMER MEHR. MENSCHEN SIND NICHT GRUNDSÄTZLICH SCHLECHT ODER BÖSE, SONDERN MEISTENS EINFACH UNBEDACHT, WEIL SIE ES EINFACH NICHT BESSER WISSEN, UND DESHALB FINDEN WIR ES WICHTIG, AUCH AUF DIE KLEINEN LEBEWESEN HINZUWEISEN, UND AUFZUZEIGEN WIE WICHTIG DIESE SIND.
Ziiiirrrppp, na, wenn das so ist, dann gebe ich dir gerne ein Interview. Ziiiirrrppp, aber ich komme nicht raus dafür.

DAS IST KEIN PROBLEM. ICH KANN DICH GUT HÖREN. DARF ICH NOCH DEINEN NAMEN ERFAHREN?
Ziiiirrrppp, ich bin James van der Feld-Grille, aber du darfst mich Jimmy nennen.

DAS IST ABER SEHR NETT VON DIR. DER NAME ERINNERT MICH AN JIMINY GRILLE AUS DEM WALT DISNEY FILM «PINOCCHIO». JIMINY WAR DORT DIE VERKÖRPERUNG DES GEWISSENS DER LEBENDIG GEWORDENEN HOLZPUPPE PINOCCHIO, UND MUSSTE IHN AUF DEN RECHTEN WEG ZUM MENSCHWERDEN LENKEN.
Ziiiirrrrppp, das tönt aber sehr wichtig, und ich bin sicher, er hat das mit Bravour gemeistert.

JA, DAS HAT ER. WÄRST DU SO NETT, JIMMY, UND WÜRDEST MIR EIN BISSCHEN WAS ÜBER DICH UND DEINE ART ERZÄHLEN.
Ziiiirrrppp, also ich bin ein meisterhaft er Sänger und beherrsche 4 verschiedene Gesänge. Ziiiirrrppp, dazu gehören der gewöhnliche, der Lockgesang, der Rivalen- und der Werbegesang. Ziiiirrrppp, meistens singe ich aber den Lockgesang. Ziiiirrrppp, der ist bis zu 50 Meter weit hörbar, und ich kann damit Weibchen aus ca. 10 Meter Entfernung noch anlocken. Ziiiirrrppp, ich beginne mit dem Lockgesang, sobald ich bereit zur Begattung bin. Ziiiirrrppp, wenn ich dann ein Weibchen angelockt habe, welches sich im Zickzack auf mich zubewegt hat, betaste ich es mit meinen Fühlern und umgarne
es mit meinem Werbegesang, welcher viel leiser und unregelmässig ist. Ziiiirrrppp, wenn sie bereit ist, steigt sie von hinten auf meinen Rücken, und ich hebe meinen Hinterleib zu ihr hoch, um sie ca. 1 Minute lang zu begatten. Ziiiirrrppp, danach mache ich für meine Holde noch eine ein- bis zweistündige Nachbalz. Ziiiirrrppp, das ist dann eher ein Tanz mit Antennenzittern und ruckartigen Bewegungen, so ähnlich wie eure Techno-Tänzer es tun. Ziiiirrrppp, nach drei bis vier Tagen vergräbt dann das Weibchen mittels seiner Legeröhre die Eier einzeln in der Erde und nach ca. 2 bis 3 Wochen schlüpfen dann die Larven. Ziiiirrrppp, die sehen dann schon fast so aus wie wir, aber haben noch keine Flügel und leben noch einige Zeit zusammen an der Erdoberfläche oder unter Steinen.

SIND DIE DENN NICHT SEHR GEFÄHRDET? IHR HABT DOCH BESTIMMT VIELE FEINDE UND WIE SIEHT DENN DAS MIT DEN RIVALEN AUS? HABT IHR NUR EINEN PARTNER ODER MEHRERE?
Ziiiirrrppp, das sind aber viele verschiedene Fragen auf einmal. Ziiiirrrppp, es ist so. Ziiiirrrppp, wir leben vielleicht so ca. 8 bis 10 Wochen. Ziiiirrrppp, in dieser Zeit ist unser Leben ausgefüllt mit Nahrungssuche, Gesang und Liebe. Ziiiirrrppp, wir Männchen graben eine Erdröhre zu unserem Schutz, diese ist zwischen 10 und 40 Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von ca. 2 Zentimeter. Ziiiirrrppp, meine ist zum Beispiel 2 Zentimeter im Durchmesser und 30 Zentimter lang. Ziiiirrrppp, die habe ich eigens mit meinen Mandibeln gegraben, und die ganze Erde mit meinen Hinterbeinen aus dem Loch geschubst. Ziiiirrrppp, war eine harte Arbeit. Ziiiirrrppp, darin verstecke ich mich sofort, wenn ich eine Gefahr vernehme.

Ziiiirrrppp, wenn ein Rivale daherkommt, komme ich sofort raus und befühle ihn mit meinen Antennen, wenn er nicht weicht, peitsche ich ihn mit denselben und versuche ihn damit zu vertreiben. Ziiiirrrppp, wenn das nicht ausreicht, fange ich an, ihn mit meinem Kopf davon zuschubsen, und stimme meinen Rivalengesang an, bis er weicht.

Ziiiirrrppp, unsere Weibchen wählen sich alle mehrere Männchen, um sich fortzupflanzen. Ziiiirrrppp, damit wird die Gefahr von Inzucht verringert. Ziiiirrrppp, unsere Larven häuten sich ca. acht bis neun Mal bis zum Herbst, dann graben sie sich zum Überwintern ein. Ziiiirrrppp, wenn dann im neuen Jahr der Boden wieder wärmer wird, kommen sie wieder hervor und häuten sich noch ein 10. oder 11. Mal, sind dann geschlechtsreif und beginnen mit ihren Lockgesängen. Ziiiirrrppp, nur die Stärksten überleben und nur Männchen singen, den Weibchen fehlen unsere Stridulationsorgane.

Ziiiirrrppp, wir haben ganz viele verschiedene Feinde. Ziiiirrrppp, das fängt bei Menschen an endet bei Bakterien, Viren und verschiedenen Parasiten. Ziiiirrrppp, wir ernähren uns hauptsächlich von Pflanzenteilen, Wurzeln, aber auch von kleineren Insekten. Manchmal werden wir sogar zu Kannibalen. Ziiiirrrppp, das kommt immer etwas auf unsere Lebensumstände an. Ziiiirrrppp, unsere Art wird ja bereit gezüchtet als Futtertiere für euere exotischen Haustiere wie Vogelspinnen und dergleichen. Ziiiirrrppp, so ist unser Kreislauf und der beginnt jedes Jahr von Neuem.

DANKE, DASS DU MIR SO VIEL VON EUCH ERZÄHLT HAST. DAS WAR ALLES SEHR INTERESSANT, UND DANKE AUCH, DASS DU DICH DOCH NOCH RAUSGEWAGT HAST, DAMIT ICH DOCH NOCH EINE SCHÖNE FOTOGRAFIE VON DIR MACHEN KONNTE FÜR UNSER MAGAZIN. ICH FINDE DU BIST SEHR STATTLICH UND HÜBSCH. GIBT ES NOCH ETWAS WAS DU DEN MENSCHEN GERNE SAGEN MÖCHTEST?
Ziiiirrrppp, es gäbe in der Tat vieles zu sagen, aber ich denke das Wichtigste ist, dass ihr Sorge tragt zu unserer Natur, denn sie ist unsere Heimat, unser Paradies. Ziiiirrrppp, eure Ackerbewirtschaftung zerstört vielerorts unsere Behausungen und bringt uns somit arg in Bedrängnis. Ziiiirrrppp, versucht für uns Gebiete zu erhalten, und wir werden es euch mit unserem unvergleichlichen Gesang verdanken, den ihr dann den ganzen Sommer über geniessen
könnt.

DAS WERDE ICH UNSEREN LESERN SEHR GERNE WEITERVERMITTELN. ICH WÜNSCHE DIR NOCH VIELE TAGE VOLLER WÄRME UND GESANG, JIMMY, ES WAR MIR EINE FREUDE.
Ziiiirrrppp, mir auch Gini, ich hoffe, ich kann euch noch viele Nächte mit meinem Gesang erfreuen.

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Tierisch gutes Gespräch mit Lizzie Lizzard

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NATURZYT Ausgabe September 2021, Text, Foto und Illustration Virginia Knaus

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