Fuchs auf einer Wiese schaut hinter Baum hervor

Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, doch wir sehen die Dinge immer nur aus unserer Sicht. Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben? Was würden sie wohl über uns Menschen denken, und wie würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?

Eine spannende Idee – sähen wir das ganze einmal aus ihrer Sicht und erführen, was sie uns alles zu sagen hätten. Naturzyt hat sich deshalb entschlossen, neue Wege auszuprobieren und sich darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und wir sie einfach fragen könnten.

In der Bibel wurden sie als Symbol für Wildnis, als Schädling, aber auch als Symbol für List und Bosheit genannt. Im «Roman de Renart» bekommt er eine Doppelrolle als Schurke und Held. «Reineckes» rasch verbreitete Geschichten zeichnen ihn als falsch, rachsüchtig, widerspenstig, schlau und einzelgängerisch aus. Einige deutschsprachige Regionen jedoch geben ihm eine positive Rolle, in der er anstelle des Osterhasen die Eier bringt. In Japans Mythologie wird er Kitsune genannt, und mit 9 Schwänzen dargestellt ist er ein heiliges Tier der Gottheit Inari. In China gilt er nicht nur als Symbol für Schlauheit und List, sondern auch für erotische Verführung und Dämonie. Zoomania gab ihm sogar eine Hauptrolle – unserem hübschen, schlauen und anpassungsfähigen Fuchs.

Da unser Redaktionskater ein mäkeliger Esser ist und oftmals viele Resten übrig lässt, haben wir uns angewöhnt, abends nach Redaktionsschluss noch die Futterreste für den bei uns lebenden Igel und die Raben rauszustellen. Das sind unsere dankbaren Abnehmer und keineswegs so verwöhnt wie unser Kater. Es wäre auch blöd, das teure Futter wegzuwerfen, wenn andere sich darüber freuen. Also tun wir denen gerne etwas Gutes. Womit wir jedoch nicht gerechnet haben, ist der rotbraune Geselle, der sich nun auch ab und an blicken lässt und nachschaut, ob wohl ein Napf voller Leckereien hinter der grossen Föhre steht. Naja, wenn’s dem hübschen Fuchs schmeckt und er Igel und Katzen in Ruhe lässt – soll es uns recht sein. Aber ein kleines Interview können wir da wohl schon verlangen. Also lege ich mich mal des Abends auf die Lauer und passe ihn ab, um michetwas mit ihm zu unterhalten.

HA, HABE ICH DICH ERWISCHT. SCHMECKT DIR DAS KATZENFUTTER?
Oi, hast du mich jetzt erschreckt. Mach sowas nie wieder. Da kommt einem ja gleich das Futter wieder hoch. Wer bist du überhaupt und weshalb liegst du hier auf der Lauer?

ENTSCHULDIGE, ICH WOLLTE DICH NICHT ERSCHRECKEN. ICH DACHTE, DU HÄTTEST MICH SICHER SCHON GEROCHEN. ICH BIN GINI AUS DER NATURZYT REDAKTION UND WOLLTE DICH KENNENLERNEN.
Mensch, das hättest du aber auch etwas ruhiger angehen können? Aber OK. Das Futter schmeckt echt lecker, also werde ich dir das mal verzeihen, Gini.

DA BIN ICH ABER FROH. WÜRDEST DU MIR EIN KLEINES INTERVIEW GEBEN? WEISST DU, ICH SCHREIBE ARTIKEL FÜR DAS NATURZYTMAGAZIN, UND ICH MÖCHTE AUF DIESE WEISE DEN MENSCHEN VERSCHIEDENE TIERE NÄHERBRINGEN UND ZEIGEN, WIE WICHTIG SIE ALLE SIND IM KREISLAUF DER NATUR. HAST DU AUCH EINEN NAMEN AUSSER ROTFUCHS?
Selbstverständlich habe ich einen Namen. Ich heisse Frederik, Frederik Fux, um genau zu sein. Ich habe da so einen Kollegen, der hat einen Kumpel und dessen Bruder hat gehört, dass es da so jemanden gibt, der Geschichten aufschreibt. Behauptet, sie könne mit Tieren sprechen und mache Interviews, um dem Menschen die Tierwelt näherzubringen. Bist du das etwa?

ICH WEISS NICHT, WER DAS ERZÄHLT HAT, ABER MÖGLICH WÄRE ES, DASS ICH DAS WAR.
Dann bist du ja ne Berühmtheit. Na, in dem Fall darfst du mich mit Fragen löchern.

UM GOTTES WILLEN, ES SCHMEICHELT MIR ZWAR, ABER ICH BIN BESTIMMT KEINE BERÜHMTHEIT, SONDERN NUR JEMAND, DER DIE NATUR UND DEREN BEWOHNER LIEBT. EGAL, WIE SIE AUSSEHEN ODER WIE VIELE AUGEN UND BEINE SIE HABEN. DANN ERZÄHL MIR DOCH BITTE ETWAS ÜBER EUCH ROTFÜCHSE, FREDERIK.
Also, ich bin ein Rotfuchs, übrigens ein stattliches 7 Kilogramm schweres Exemplar mit einer Grösse von 70 Zentimeter Rumpflänge und einer Schwanzlänge von 45 Zentimeter. Der normale Durchschnitt ist eher etwas kleiner und leichter. Nicht viel, aber so 1–2 Kilogramm und 5–10 Zentimeter weniger. Unsere Fähen sind nur minim kleiner als wir Rüden. Wir gehören zu den Hundeartigen.

ICH DURFTE IN ENGLAND EIN GESPRÄCH MIT DARIUS, EINEM DACHS, FÜHREN. DER HAT MIR ERZÄHLT, DASS ER SEINEN BAU MIT EINEM FUCHS TEILT. HAST DU VIELLEICHT AUCH EINE WG MIT EINEM DACHS?
Nö, ich gehöre eher zu den Familientypen. Bei uns Füchsen ist das verschieden. Wir sind sehr anpassungsfähig, und je nachdem, wo wir leben, können wir als Einzelgänger, Mitbewohner oder sogar in Familienclans leben. Sogenannte Stadtfüchse wie ich leben eher in einer Familiengruppe. Ich lebe als dominanter Rüde zusammen mit meiner Fähe und unseren Kindern in einem Bau ganz in der Nähe dort hinter dem Feld. Wir haben aber dafür einen Untermieter. Einen Iltis.

DER HAT JA VIELLEICHT MUT. GEHÖRT DER NICHT ZU DEINEN BEUTETIEREN?
Nö, in der Umgebung unseres Baus herrscht ein sogenannter Burgfrieden. Das heisst, potenzielle Beutetiere lassen wir dort in Ruhe. Ausserdem gehören Iltisse im Gegensatz zu Baum- und Steinmardern nicht in unser Beuteschema. Ich kenne sogar einen Fuchs, der seinen Bau mit einer Brandgans teilt. Verrückter Kerl. Wir haben viele verschiedene Beutetiere. Dazu gehören schon auch mal Jungtiere vom Feldhasen oder Rehkitze, und während der Jungenaufzucht habe ich mal im Hühnerstall vom Bauern dort unten gewildert. Ich bin übrigens ein super Kletterer. Hauptsächlich aber ernähren wir uns von Feldmäusen oder Regenwürmern. Mach nicht so ein angewidertes Gesicht. Regenwürmer sind sehr fett- und proteinhaltig und deshalb eine sehr energiereiche Nahrung für uns. Knirscht ’n bisschen beim Zerkauen, aber egal.

NAJA, SOLANGE ICH ES NICHT ESSEN MUSS. JAGT IHR DENN AUCH IM RUDEL WIE WÖLFE?
Wölfe, pfui, die mögen wir gar nicht. Nein, wir sind keine Rudeljäger, sondern gehen immer allein auf Streifzug. Kann mal sein, dass wir einen anderen Fuchs treffen und kurz ein paar Kläffer wechseln, aber danach geht jeder wieder seiner Wege. Wenn da dann so ein leckeres Schüsselchen steht, verschmähe ich das nicht. Ich bringe aber auch was mit nach Hause für die Kleinen.

Illustration Fuchs mit Brille und Karvatte
Im Gespräch mit NATURZYT Frederik Fux, schlauer Stadtfuchs. Dominanter Rüde mit Familien clan. Klettert hervorragend und mag Regenwürmer als Proteinnahrung.

ERSTAUNLICH. DU SIEHST NOCH SO JUNG AUS UND HAST SCHON FAMILIE. WIE ALT BIST DU DENN, UND WIE HAST DU DEINE FÄHE KENNENGELERNT?
Oh, ich bin schon 21/2 Jahre alt und schon zweimal Vater geworden. Da wir Füchse in der Wildnis meist nicht mehr als etwa 4½ Jahre alt werden, müssen wir uns ranhalten. Wir werden mit etwa 10 Monaten geschlechtsreif und wir paaren uns nur einmal im Jahr. Elsie, so heisst meine Lady, ist nur für 2–3 Tage im Januar/Februar befruchtungsfähig. In dieser Zeit folge ich ihr als dominanter Rüde beharrlich, damit ich ihr Abwehrverhalten genau zum richtigen Zeitpunkt überwinden kann. Da wir hier ein gutes Revier und keine Sorgen wegen Nahrungsmangel haben, bleibe ich ihr treu und gehe nicht in benachbarte Territorien, um mich mit anderen Fähen zu paaren, obwohl ich von Dezember bis März befruchtungsfähig bin. Dafür hatte ich mit Elsie schon zum zweiten Mal einen Wurf von sage und schreibe 6 Jungen. Ist zwar ein bisschen stressig bei der Aufzucht. Zumindest das erste Mal, denn beim zweiten Mal haben uns unsere Töchter aus dem ersten Wurf noch etwas bei der Aufzucht geholfen. Die beiden Jungs sind abgewandert und haben sich ein neues Zuhause gesucht.

WIESO SIND DENN DIE JUNGS GEGANGEN UND DIE MÄDELS GEBLIEBEN?
Das ist meistens so. Die Söhne von dominanten Fähen gehen, die Fähen bleiben. Fähen gehen nur, wenn sie von rangniederen Müttern stammen, dafür bleiben dann die Rüden eher. Auf dem Land, wo die Streifgebiete viel grösser sind, das Nahrungsangebotkleiner ist und die Sterblichkeitsrate grösser, sind Füchse hauptsächlich Einzelgänger, ausser während der Paarungszeit und bei der Aufzucht.

WIE LANGE TRÄGT DENN EINE FÄHE, UND WIE LANGE GEHT ES, BIS DIE KLEINEN SELBSTÄNDIG SIND?
Also Elsie hat ca. 50 Tage getragen, bevor sie die 6 Kleinen geworfen hat. Durchschnittlich werden 4 bis 6 Junge geboren. Die Kleinen sind dann so zwischen 80–100 Gramm schwer, haben ein kurzes dunkles Fell und die Augen sind noch geschlossen. Die haben sie erst nach etwa zwei Wochen zum ersten Mal aufgemacht. Elsie ist in dieser Zeit immer bei ihnen geblieben und ich habe ihr dafür Futter nach Hause gebracht. Fähen können zwar ihre Kleinen auch allein aufziehen, aber zu zweit ist das schon viel angenehmer und die Jungen haben eine viel grössere Überlebenschance. Mit drei Wochen dann bekam dann der Pelz am Kopf einen braunen Schimmer und der Körper eine fahle Farbe, und mit 4 Wochen kamen dann die Eckzähnchen durch. Das war dann der Zeitpunkt, an dem Elsie die Kleinen langsam von der Milch abgewöhnt hat und ich Mäuse für die Zwerge mit nach Hause brachte. So viel Glück wie wir haben nicht alle Füchse. Viele in ländlichen Gebieten bringen nicht alle ihre Jungen durch. Und wenn der Vater viele Fähen hatte oder vom Jäger erwischt wurde, wird es als alleinerziehende Fäheauch nicht einfacher, alle zu ernähren.

JA, DAS IST TRAGISCH. DIE FÜCHSE SIND GEOGRAFISCH DIE MEISTVERBREITETEN WILDLEBENDEN RAUBTIERE. SIE SIND SOGAR IN AUSTRALIEN HEIMISCH GEWORDEN, NACHDEM ENGLÄNDER SIE DER TRADITIONELLEN FUCHSJAGD WEGEN DORT EINGEFÜHRT HABEN. JETZT WERDEN SIE IN TASMANIEN AUS ARTENSCHUTZGRÜNDEN WIEDER AUSGEROTTET.
Ja, leider gehört das zum Leben dazu. Wir sind sehr anpassungsfähig und schlau. Wir jagen auch, zwar nicht zum Spass wie manche Menschen es tun, aber zum Überleben. Das ist der Kreislauf der Welt. In der heutigen Welt mit den Städten hat sich unser Leben auf der einen Seite vereinfacht. Es gibt viel mehr Nahrung, wenn wir uns in der Stadt anpassen. Aber es gibt auch viel mehr Gefahren. Wie die Autos, bei denen wir die Geschwindigkeit nicht einschätzen können und denen viele von uns zum Opfer fallen. Auch viele Krankheiten wie die Räude oder die Staupe suchen uns manchmal heim. Wir können Parasiten wie den Fuchsbandwurm, Zecken und Flöhe haben. Da ist es manchmal vielleicht doch besser, ein Jäger erwischt dich, als von aussen oder innen langsam aufgefressen zu werden und vielleicht noch andere damit anzustecken. Deshalb leben wir im Schnitt nicht mehr als 4–5 Jahre. Nur in Gefangenschaft, wo wir umsorgt werden, können wir bis zu 14 Jahre alt werden. Möchtest du noch etwas wissen, Gini?

DANKE DIR, LIEBER FREDERIK. DAS WAR SEHR INFORMATIV. DU HAST MIR MIT DIESEM INTERVIEW EINE GROSSE FREUDE GEMACHT. ICH MÖCHTE EIGENTLICH NUR EINES NOCH WISSEN. WESHALB PINKELST DU JETZT GERADE IN DEN LEEREN FRESSNAPF?
Das ist doch sonnenklar. Das heisst einfach: Schnauze weg, das hier ist mein Napf, in meinem Territorium. War übrigens echt lecker. Gut, dass du es rausstellst und nicht in die Toilette wirfst. Ich komm dann gerne mal wieder vorbei.

WIR WERDEN DAS SICHER SO BEIBEHALTEN UND WÜRDEN UNS FREUEN, WENN WIR DICH WIEDER MAL SEHEN. BIS DAHIN WÜNSCHE ICH DIR ALLES GUTE, SEI VORSICHTIG UND GRÜSS ELSIE UND DEINE FAMILIE VON MIR.
Mach ich gerne. Erschreck mich dann beim nächsten Mal nicht wieder so.

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NATURZYT Ausgabe Dezember 2021, Text, Foto, Illustration Virginia Knaus

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