Der Frauenmantel wird seit alters her in der Volksmedizin bei vielen Frauen beschwerden angewendet: bei schmerzhafter Menstruation, zur Stillung von zu starken Periodenblutungen, bei Unterleibsentzündungen, zur Steigerung der Fruchtbarkeit, als Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt, bei Wechseljahresproblemen.
Betrachten wir das Frauenmänteli so beeindrucken die gefalteten oder gefächerten Blätter, die sich wie ein Mantel schützend und umhüllend ausbreiten und die eine Grenze nach aussen ziehen.
Schutzmantel für die Frau - kraftvolle Medizin
Der Frauenmantel hat viele Namen: Mutterkraut, Marienmantel, Lieb Frauen Kraut, Venusmantel, Sonnen tau, Taurose, Alchemillenkraut, Milchkraut, Frauentrost, Aller Fraue Heil und viele mehr. Volksnamen geben wertvolle Hinweise auf die Verwendung von Pflanzen. Mutterkraut deutet auf die Gebärmutter hin. Marienmantel und Venusmantel lassen die schützende Kraft durch die weibliche Macht erkennen.
Lange Tradition als vielseitige Frauenheilpflanze
Im Mittelalter war der Frauenmantel ein wichtiges Wundmittel bei Hautund Schleimhauterkrankungen, Unterleibs beschwerden oder Durchfall.
Pfarrer Künzle schreibt über den Frauenmantel: «Viele Frauenoperationen könnten bei frühzeitiger und kurmässiger Anwendung dieses Heilkrautes vermieden werden.»
Woher hatten die alten Kräuterkundigen die Erkenntnisse über die Heilanzeigen der Pflanzen, bevor es die moderne medizinische Forschung gab? Sie nahmen die Pflanzen mit all ihren Sinnen wahr, lasen aus den Zeichen der Natur und kommunizierten mit den Pflanzen. Zeichen oder Signaturen der Pflanze wie Gestalt, Farbe, Form, Standort, Blattstruktur, Geruch, Wachstum sind von Bedeutung, um das Wesen einer Pflanze zu erfassen.
Viele Wirkstoffe und kraftvolle Wirkungen
Der Frauenmantel enthält eine Mischung aus vielen Wirkstoffen, wobei deren Zusammenwirken für das gesamte Wirkpotenzial dieser Heilpflanze von Bedeutung ist. Neben Gerbstoffen, finden sich Bitterstoffe, Carotinoide, Flavonoide, Cumarine, Phytosterine, Pflanzensäuren, Leukocyanidine, ätherische Öle, Spuren von Salicylsäure, Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen und Kieselsäure.
Die wissenschaftliche Forschung hat sich dem Frauenmantel bis jetzt kaum gewidmet, vielleicht deswegen, weil sich ein einzelner Wirkstoff nicht gewinnbringend vermarkten lässt oder die entsprechenden Methoden zur Erforschung seiner Wirkstoffe noch nicht entwickelt sind? Vermutlich lässt sich die heilbringende Wirkung des Frauenmantels auch nicht auf (einzelne) Wirkstoffe reduzieren. Jedoch wurden einige der bekannten Heilanwendungen aus der Erfahrungsmedizin durch wissenschaft liche Erkenntnisse bestätigt.
Frauenmantel hilft bei schmerzhafter Menstruation
Frauenmantel wirkt krampflösend bei schmerzhafter Periodenblutung. Frauenmanteltropfen oder -tee sind ins besondere hilfreich bei Menstruationskrämpfen in der Pubertät oder nach Absetzen der Pille. Bei zu starker Menstruationsblutung wirkt Frauenmantel «blut stillend», wobei er den Blutfluss nicht unterdrückt, sondern regulierend wirkt.
Regulierende Wirkung auf die Harmone
Frauenmantel wirkt stimulierend auf die Gelbkörperhormone und wird bei Zyklusunregelmässigkeiten eingesetzt. Die hormonregulierende Wirkung ist auch bei Wechseljahresbeschwerden von Nutzen.
Stärkt die Gebärmutter
Frauenmantel hat eine bindegewebsstärkende Wirkung. Das erschlaffte Bindegewebe wird gekräftigt und eine Gebärmuttersenkung gelindert.
Entzündungshemmende Wirkung
Durch die enthaltenen Gerbstoffe wirkt der Frauenmantel wundheilungsfördernd und entzündungshemmend. Schmerz und Juckreiz werden gelindert. Durch die zusammenziehende Wirkung der Gerbstoffe wird das Haut- und Schleimhautgewebe verdichtet und so vor dem Eindringen von Bakterien, Viren und Pilzen geschützt. Frauenmantel kann äusserlich als Tee zu Sitzbädern bei Juckreiz im Scheidenbereich oder bei Ausfluss angewendet werden. Bei Brustdrüsenentzündung ist eine Auflage hilfreich.
Frauenmantel in der Natur
Das Frauenmänteli finden wir auf saftigen Wiesen und Kuhweiden, am Wegrand, in lichten Wäldern, in den Bergen bis auf über 2000 m Höhe. Die botanische Bezeichnung Alchemilla xanthochlora weist auf die Verwendung in der Alchimie hin. Xantho heisst gelb und chlora grünlich, was die grüngelben Blüten zum Ausdruck bringen. Eine frühere Bezeichnung ist Alchemilla vulgaris (= gewöhnlich, einfach). Der gewöhnliche Frauenmantel hat viele verschiedene Arten, die sich je nach Standort unterscheiden. Die rundlich bis nierenförmigen Blätter bestehen aus 5 bis 9 halbkreisförmigen bis dreieckigen Lappen und sind an der Unterseite behaart. In der Jugend sind die Blätter gefaltet. Der gezähnte Blattrand kann als Hinweis auf die Zugehörigkeit zur edlen Familie der Rosengewächse gesehen werden. Die eher bescheidene Erscheinung des Frauenmänteli lässt auf den ersten Blick nicht die Verwandtschaft zur Rose vermuten. Die zarten und unauffälligen gelblichen Blüten haben jedoch eine Besonderheit. Die Pflanze kann sich ohne Bestäubung fortpflanzen und aus der Mutterpflanze identische Töchter bilden. In der botanischen Fachsprache heisst diese Art der Fortpflanzung «Parthenogenese» (griech. Jungfernzeugung). In den Schweizer Bergen wächst der Silbermantel, eine Schwester des Frauenmantels. Er wird ebenso in der Heilkunde angewendet. Die Blätter des Silbermäntelis sind tiefer eingeschnitten und glänzen auf der Unterseite silbrig.

Himmelswasser und Taurose
An den Blattzähnen des Frauenmantels befinden sich kleine Spaltöffnungen, aus denen bei feuchter Witterung Wasser ausgeschieden wird, das sich im Laufe des Tages, wenn der übrige Morgentau bereits verdunstet ist, in der schossförmigen Blattmitte sammelt. Wie Edelsteine glitzern diese Wassertropfen dem Betrachter entgegen. Dieser Vorgang heisst Guttation. Für die Alchimisten und Kräuterkundigen in früheren Zeiten waren diese Wassertropfen etwas Besonderes. Auf der Suche nach dem Stein der Weisen waren die Alchimisten bemüht, Lebenselixiere herzustellen, die Krankheit in Gesundheit verwandeln und das Leben verlängern. Fasziniert vom Guttationswasser des Frauenmantels nannten sie es «Himmelswasser» und gaben dieser edlen Pflanze den Namen «Alchemilla». Die Pflanze nimmt das Wasser aus dem Boden auf, filtert es und gibt es anschliessend wieder an den Himmel ab.
Frauenmantel im Garten
Der Frauenmantel gehört in jeden Kräutergarten. Er liebt einen sonnigen Standort und braucht feuchten, humösen Boden. Die Vermehrung erfolgt durch Teilung der Wurzelstöcke. Wann wird der Frauenmantel geerntet? An sonnigen Tagen, nachdem der Morgentau verdunstet ist, werden die grünen Blätter und Blüten ohne Stiel gesammelt und an einem schattigen, luftigen Ort getrocknet. Einst haben Kräuterfrauen die Pflanzen im Einklang mit Sonne und Mond gesammelt und meist mitsamt den Wurzeln gegraben. Auch der Frauenmantel wurde früher mit der Wurzel ausgegraben, daher heisst die Pflanze auch Jungfernwurz.
Frauenmantel in der Kräuterapotheke
Frauenmantel-Tee
1 TL frisches oder getrocknetes Frauenmantelkraut pro Tasse mit heissem Wasser übergiessen, 7 bis 10 Minuten ziehen lassen, abgiessen. Pfarrer Künzle lobte den Frauenmantel: «Allen werdenden Müttern ist Frauenmanteltee zu empfehlen, da er selbst unter schwierigen Umständen eine leichte Geburt und ein gesundes Kind bringt.» 6 Wochen vor der Geburt 1 bis 2 × täglich 1 Tasse trinken. Diese Teekur stärkt die weiblichen Beckenorgane, sorgt für eine leichte Geburt und wirkt allgemein regulierend auf den gesamten Körper.
Frauenmantel-Tropfen
Blühendes Frauenmantelkraut zerkleinert locker zu zwei Drittel in ein sauberes Glas geben, mit gutem Kornbrand füllen, sodass alle Pflanzenteile mit Alkohol bedeckt sind. Das Glas verschlossen an einem kühlen Ort 4 Wochen stehen lassen, regelmässig schütteln. Nach dieser Zeitdie Tropfen filtrieren und in ein braunes Fläschchen abfüllen, beschriften, kühl und dunkel aufbewahren.
Bei schmerzhafter Menstruation am besten einige Tage vor Beginn der Periode mit der Einnahme beginnen. 3 × täglich 10 bis 15 Tropfen in etwas Wasser einnehmen.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe Juni 2015, Text Ernestine Astecker, Fotos AdobeStock