Kerzengerade und erhaben wächst die Kleinblütige Königskerze in den Himmel. Die goldgelben Blüten leuchten wie kleine Sonnen und verströmen goldenes Licht in alle Himmelsrichtungen. Die Königskerze ist ein beliebtes Mittel bei Beschwerden der Atemwege. Wesen und Essenz der Königskerze helfen Menschen, ihrer inneren Stimme zu vertrauen und sich selber treu zu bleiben.
Die Königskerze wächst an steinigen Abhängen und Böschungen, auf Schotter an Wegrändern, auf Bahndämmen, im Garten, nur an sonnigsten Plätzen. Sie gehört zur Familie der Braunwurzgewächse und ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr entwickelt sich eine grundständige Blattrosette mit bis zu 40 cm grossen, weissfilzig behaarten Blättern. Im zweiten Jahr wächst der bis 1,5 m hohe aufrechte Stängel, der rundum mit leuchtend gelben Blüten bedeckt ist.
Die Königskerze liebt die Sonne
Die Königskerze blüht im Hochsommer über mehrere Wochen, wobei nicht alle Blüten gleichzeitig blühen. Tag für Tag öffnen sich am späteren Vormittag mehrere Blütensonnen, die einen zarten Honigduft verströmen. Bei genauer Beobachtung sieht man, dass selbst nach dem Abblühen plötzlich wieder neue Blüten erscheinen. Bienen, Schmetterlinge und Hummeln lieben den Nektar der Königskerzenblüten. Um die Blüten zu ernten, zupft man sie einzeln an trockenen Vormittagen vorsichtig ab und legt sie an einem luftigen, schattigen Ort auf einem Leinentuch aus. Werden die Blüten braun, dann sind sie unbrauchbar. Wenn die Blüten ihr leuchtendes Gelb bewahren, dann haben sie volle Wirkkraft. Die getrockneten Blüten in gut verschliessbaren und dunklen Gläsern aufbewahren.
Die Königskerze wird durch Aussäen vermehrt und die kleinen Pflänzchen können auch in Blumentöpfen gezogen werden. Die Pflanze liebt die volle Sonne und mag keine Staunässe. Die Königskerze gehört in jeden Kräutergarten. Früher war die Königskerze in Bauern und Klostergärten zu bewundern. Heute ist sie leider selten zu sehen.
Neben der Kleinblütigen Königskerze (Verbascum thapsus) werden die Grossblütige Königskerze (Verbascum densiflorum) und auch die Filzige Königskerze (Verbascum phlomoides) medizinisch verwendet, nicht aber die Dunkle Königskerze (Verbascum nigrum).
Wollblume, Frauenkerzen und Löwenfackel
Die Königskerze gilt unter den Heilkräutern als Sonnenbraut. Im Volksmund wird sie auch «Himmelsbrand» oder «Löwenfackel» genannt, da in der Antike die Stängel einst in Harz oder Öl getaucht als Fackel verwendet wurden. Wollblume heisst die Pflanze wegen ihrer weissfilzig behaarten Blätter. Dieser haarige Filzüberzug verhindert, dass die Pflanze, die trockene Standorte liebt, austrocknet, und schützt sie vor Schneckenbefall. Aus den getrockneten wolligen Blättern schnitt man einst schmale Streifen und drehte sie zu Lampendochten, da sich die feinen Härchen schnell entzünden. Die lateinische Bezeichnung «Verbascum» wird abgeleitet von «barba», was Bart bedeutet und Bezug nimmt auf die Wollhaare der Pflanze. Im Englischen heisst die Pflanze «Mullein», was sich aus dem lateinischen «mollis» (weich) ableitet. Auch dies bezieht sich wieder auf die weich, filzig behaarten Blätter. Mit den wolligen Blättern fütterte die arme Landbevölkerung früher im Winter ihre Schuhe aus, damit die Füsse auch im Winter warm blieben.

Die Königskerze ist strahlender Mittelpunkt der Kräuterbüschel, die an Maria Himmelfahrt, dem 15. August, gesammelt und geweiht werden. Vor allem in den ländlichen Gegenden gehört die Kräuterweihe heute noch zu den grossen Jahreskreisfesten. Der geweihte Kräuterstrauss wurde an einem besonderen Platz im Haus oder in den Stall gehängt und sollte vor dunklen Mächten schützen.
Beliebtes Heilmittel bei alten Kräuterkundigen
Bei den alten Kräuterkundigen war die Königskerze ein beliebtes Heilmittel. Hippokrates, der berühmteste Arzt der Antike (460–370 v.Chr.), verordnete die Königskerze zur Wundbehandlung. Dioskurides, angesehener griechischer Arzt im 1. Jh. n. Chr., empfahl die Königskerze bei chronischem Husten. Er nahm auch die Blätter und Wurzeln zur Behandlung von Durchfällen, Augenentzündungen und bei Wunden. Die Königskerze wurde früher auch bei Tuberkulose und anderen zehrenden Krankheiten eingesetzt. Hildegard von Bingen empfahl die sonnengleichen Blüten gegen Schwermütigkeit: «Wer ein schwaches und trauriges Herz hat, der esse sie oft, dann wird sein Herz gekräftigt und fröhlich werden. Wer aber Schmerzen in der Brust hat, koche Königskerze und Fenchel in gutem Wein und trinke oft davon, es heilt die Brust.»
Heilmittel bei Husten und Ohrenbeschwerden
Die kleinblütige Königskerze hat eine kühlende Wirkung und hilft, Hitze und Stauungen im Körper zu beseitigen. Sie ist ein ausgezeichnetes Mittel bei Beschwerden der Atemwege. Die Pflanze enthält Schleimstoffe, Saponine, ätherisches Öl, Flavonoide (gelbe Pflanzenfarbstoffe), Mineralsalze, Aukubin. Die reizlindernde Wirkung der Pflanzenschleime hilft bei quälendem Hustenreiz und Heiserkeit. Dabei legen sich die Pflanzenschleime wie ein Schutzfilm über die Schleimhäute und wehren dadurch eindringende Bakterien ab. Der Tee lindert das unangenehme Trockenheitsgefühl und Kratzen im Hals, hervorgerufen durch staubige Luft, Autoabgase und Ozonsmog. Die sekretlösenden und auswurffördernden Saponine verflüssigen den zähen Bronchialschleim und erleichtern dadurch das Abhusten.
In der Tinktur aus den frischen Blüten bleibt die keimhemmende Wirkung des Stoffes Aukubin erhalten. Aukubin hemmt das Wachstum von Bakterien wie Streptokokken und Staphylokokken. Die Königskerze besitzt entspannende und schmerzstillende Eigenschaften und fördert erholsamen Schlaf, insbesondere bei Menschen, die durch Husten gestört werden. Das Zusammenspiel der verschiedenen Inhalts- und Wirkstoffe macht die vielfältige Wirkung möglich.
Tee und Tinktur werden bei Reizhusten, Heiserkeit, Bronchitis, Kehlkopfentzündung sowie bei Tinnitus und anderen Ohrenbeschwerden empfohlen. Die Königskerze ist aufgrund der milden Wirkung und des angenehmen Geschmacks auch für Kinder geeignet.
Die kleinblütige Königskerze in der Kräuterapotheke
Ernestine Astecker kennt als Apothekerin und begeisterte Pflanzenfrau einige «Heilmittelchen» aus der Natur. An ihren Kräuterkursen und Kräuterrundgängen erfährt man allerhand Nützliches aus der Natur. Für NATURZYT hat Sie uns ein paar einfache Rezepte verraten. Ob als Tee, Tinktur, Öl oder in der Wildkräuterküche – die Kleinblütige Königskerze hat einiges anzubieten.
Übrigens – wer näher an die Natur möchte, dem empfehlen wir einen Kräuterkurs mit Ernestine, Sie zeigt uns die Gewürz- und Heilkräuter, die jetzt auf den strahlenden Sommerwiesen gesammelt werden können. Wann Frischpflanzen verwendet werden und welche Vorteile getrocknete Kräuter bieten. Und wie aus Rose, Wiesenkönigin, Rosmarin, Königskerze Pflanzenwässer, Blütenölauszüge, Sonnenmilch, After-Sun- Pflege und andere Kräuterprodukte zubereitet werden. Mehr Informationen unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
Königskerzentee
1 TL Königskerzenblüten pro Tasse mit siedendem Wasser übergiessen und nach 10 Minuten durch ein feines Teesieb oder Teefilter abgiessen, um die feinen Härchen zu entfernen. Dieser Tee wirkt auswurffördernd und hilft bei verschleimtem Husten. Um die reizmildernden Eigenschaften der Pflanzenschleime zu nutzen, die Blüten mit kaltem Wasser übergiessen, 1 ½ Stunden ziehen lassen und durch einen Papierfilter abgiessen. 2 bis 3 Mal täglich 1 Tasse schluckweise warm trinken, 1 Woche lang.
Königskerzentinktur
Ein Schraubglas mit einem guten Kornbrand füllen. Jeden Tag die frisch aufgeblühten Königskerzenblüten am Vormittag in das Glas geben, danach wieder verschrauben, bis das Glas voller Blüten ist, die im Kornbrand schwimmen. Das Glas täglich schütteln und etwa 4 Wochen an der Wärme stehen lassen. Danach abfiltrieren und in eine dunkle Flasche füllen. Bei Reizhusten oder Husten 3 Mal täglich 5 bis 10 Tropfen mit etwas Wasser einnehmen. Die Tinktur kann auch bei Tinnitus oder anderen Ohrenbeschwerden eingenommen werden.
Königskerzenöl
1 Handvoll frische Königskerzenblüten in ein helles Schraubglas füllen, mit kalt gepresstem Olivenöl übergiessen und verschlossen an einen sonnigen Standort stellen. Täglich schütteln und nach 3 Wochen durch einen Teefilter abgiessen. In eine dunkle Flasche füllen und kühl aufbewahren. Das Öl kann äusserlich bei Wunden, Hämorrhoiden, Ausschlägen, Neuralgien und Rheuma angewendet werden.
Blütenessenz der Selbsterkenntnis und Wahrhaftigkeit
Die Blütenessenz der Königskerze hilft, der inneren Stimme zu vertrauen, ehrlich und aufrichtig zu sich selber zu sein. Sie lässt die Menschen erkennen, wer sie wirklich sind, und fördert die Entdeckung des eigenen Potenzials. Sie unterstützt Menschen, ihre innere Stärke zu entwickeln, um sich sozialem Druck oder Trends zu widersetzen, die sie zu Lügen gegenüber sich selbst oder anderen verleiten könnten, und hilft ihnen bei der Findung ihrer moralischen Werte.
Herstellung der Blütenessenz
Königskerzenblüten einzeln und behutsam abzupfen und in eine Schale mit Quellwasser geben und unter der Pflanze 1 bis 3 Stunden an der Sonne ziehen lassen. Spätestens wenn die Blüten zu welken beginnen, abfiltrieren und die Essenz zu gleichen Teilen mit 50%igem Alkohol in ein dunkles Fläschchen füllen. Aus dieser Uressenz mit 2 Tropfen eine Vorratsflasche (= stock bottle) mit einem Alkohol-Wasser- Gemisch herstellen. Aus der Vorratsflasche 3 Tropfen in das Anwendungsfläschchen geben. 4 Mal täglich 4 Tropfen auf die Zunge träufeln.
Königskerze in der Wildkräuterküche
Königskerzenblüten eignen sich zum Dekorieren von Speisen, für Blütensirup, als leckeres Sorbet, feine Blütencreme oder süsse Sauce. Frisch in Salaten können die wolligen Härchen unter Umständen stören. Mit getrockneten Königskerzenblüten kann man gemischt auch mit anderen Kräutern ein Wildpflanzensalz zum Würzen herstellen.
Königsbutter als Hustenvertreiber
1 Handvoll Königskerzenblüten mit 100 g weicher Butter zu einer homogenen Masse vermengen. Im Kühlschrank aufbewahren. Bei Husten und Heiserkeit aufs Brot streichen oder ins Gemüse einrühren.
Königssorbet
Königskerzenblüten in einem Topf mit Wasser kurz aufkochen, pürieren und evtl. durch ein Sieb passieren. Die Masse süssen und mit Vanille oder einer unbehandelten Zitrone abschmecken. Im Gefrierschrank anfrieren lassen und mit Blüten dekoriert servieren.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe Juni 2014, Text/Fotos Ernestine Astecker