Mit seiner sonnenhaften Ausstrahlung erhellt das Johanniskraut unser Gemüt in dunklen Zeiten. Johanniskraut wirkt nervenstärkend, beruhigend, angstlösend, schmerzlindernd, wundheilend.
Das Johanniskraut mit seinen goldgelben Blüten
An Hochsommertagen leuchten uns die goldgelben Blüten des Johanniskrauts an sonnigen Wald- und Wegrändern, auf trockenen Wiesen und Waldlichtungen entgegen. Die Pflanze liebt das Licht, und die volle Kraft der Sommersonne wird in ihr lebendig. Johanniskraut erkennt man nicht nur an diesem sonnenhaft en Leuchten, sondern auch am streng aufgerichteten Wuchs und einem festen, zähen Stängel, was ihr den Namen «Hartheu» eingebracht hat. Im oberen Teil der Pflanze sind die Stängel reich verzweigt. Das echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) hat einen zweikantigen Stängel. Die Blätter sind mit hellen und dunklen Pünktchen besetzt. Das sind lichtdurchlässige Exkretbehälter, die ätherisches Öl und Harz enthalten. Hält man die Blätter gegen das Licht, sehen diese aus wie durchlöchert oder perforiert, daher der Artname «perforatum». Die fünf Blütenblätter sind radiär-symmetrisch gestaltet, was der Blüte den Anschein eines Licht- oder Sonnenrades gibt. Auffallend sind die vielen Staubgefässe der Blüte. Neben dem echten Johanniskraut (auch Tüpfel-Johanniskraut genannt) gibt es noch andere Arten, wie zum Beispiel das Flügel-Johanniskraut (Hypericum tetrapterum) mit vierkantigem und geflügeltem Stängel oder das Gefleckte Johanniskraut (Hypericum maculatum) mit vierkantigem Stängel.
Das Johanniskraut ist zur Sommersonnenwende in voller Blüte
Zur Zeit des alten Festes der Sommersonnenwende steht das Johanniskraut in voller Blüte. An diesem Tag, dem 21. Juni, hat die Sonne ihren höchsten Stand erreicht, es ist der längste Tag im Jahr. Das Licht hat das Dunkel besiegt und feiert Hoch-Zeit mit der Erde. Von unseren Urahnen wurde dieser Tag als ein Fest der Verbindung des Lichtes mit der Erde gefeiert. Als Symbol für die Kraft der Sonne auf der Erde wurden Sonnwendfeuer entfacht, und die Tanzenden trugen Kränze aus dem blühenden Kraut als Zeichen der Verbundenheit mit den Lichtkräften.
Das Johanniskraut liebt einen sonnigen Standort
Die Pflanze ist eine Zierde für jeden Garten. Johanniskraut braucht einen sonnigen Standort und bevorzugt trockenen Boden. Ansonsten ist die Pflanze anspruchslos, robust und winterhart. Die Samen (Lichtkeimer) sät man im Juni oder Juli. Vorgezogene Pflänzchen mit einem Abstand von 20 Zentimetern in die Erde setzen. Man kann das Johanniskraut auch durch Teilen älterer Wurzelstöcke vermehren.
Aufbewahrung des Johanniskraut
Sobald das Johanniskraut voll erblüht ist, von Ende Juni bis Juli, wird es an einem sonnigen Tag kurz vor der Mittagszeit geerntet. Die oberen blühenden Triebe werden abgeschnitten, gebündelt und rasch im Schatten getrocknet. In Papiersäckchen oder Stoffbeuteln aufbewahren.
Was sagen die alten Kräuterkundigen zum Johanniskraut?
Schon in der Antike war Johanniskraut eine hochgeschätzte Pflanze und wurde vor allem als Wundarznei eingesetzt. Paracelsus (Arzt, Naturforscher und Alchemist im 16. Jh.) war ein grosser Verehrer von Johanniskraut bei der Behandlung von seelischen und körperlichen Wunden: «Gott hat in der Perforata einen besonderen Willen und ein besonderes Arcanum für den Menschen geschaffen, er sei bös oder gut. Wie die Sonne alle Dinge, die guten und die schlechten, bescheint, so ist auch die Arznei. Es ist eine Universalmedizin für den ganzen Menschen.» (Anmerkung: Unter Arcanum verstand Paracelsus kein Geheimmittel, sondern eine Arznei mit einer tiefgreifenden und universellen Wirksamkeit.) Die alten Kräuterkundigen wussten also, dass das Johanniskraut unserem Körper Lebens- und Sonnenkräfte geben kann, die es in seinen Blüten und Blättern speichert.
Roter Farbstoff beim zerreiben der Blätter ist der Wirkstoff Hypericin
Zerreibt man die Blätter und Blüten zwischen den Fingern, tritt ein blutroter Farbstoff aus. Dabei handelt es sich um den Wirkstoff Hypericin, der für die antidepressive Wirkung verantwortlich ist. Dies bestätigen wissenschaftliche Untersuchungen. Johanniskraut enthält zudem Hyperforine mit entzündungshemmenden, antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften. Flavonoide sind entzündungshemmend, ätherisches Öl ist die beruhigende Komponente und Gerbstoff e wirken zusammenziehend und wundheilungsfördernd.
Johanniskraut ist ein Heilmittel für das Nervensystem
Johanniskraut ist ein wunderbares Heilmittel für das Nervensystem. Es wirkt nervenstärkend, stimmungsverbessernd, antidepressiv, entspannend, beruhigend, schlaffördernd, harmonisierend, seelisch erwärmend, vitalisierend. Johanniskraut wird bei depressiven Verstimmungszuständen, leichten bis mittelschweren Depressionen, nervöser Unruhe und Angstzuständen eingesetzt. Gegen den Winter-Blues an dunklen Tagen, Erschöpfungszustände oder das Burn-out- Syndrom hilft das mit Sonnenenergie vollgetankte Johanniskraut quasi als Lichttherapie von innen.
Johanniskraut in der Volksmedzin
In der Volksheilkunde wird Johanniskraut auch als Tonikum zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie als stärkendes Mittel nach einer langen Krankheit oder bei Schwächezuständen empfohlen.
Johannisöl in der Frauen-Naturheilkunde
In der Geburtshilfe wird das Johannisöl zur täglichen Dammpflege eingesetzt, da es die Gewebeelastizität erhöht und das Risiko von Dammrissen mindert. Es eignet sich auch zur Narbenpflege nach genähten Dammschnitten, wodurch Narbenwulste verhindert werden und die Wundheilung schneller voranschreitet. Der Tee kann auch bei Wechseljahresbeschwerden eingesetzt werden.
Anwendung in der Homöopathie
Hypericum wird in der Homöopathie als «Arnica der Nerven» bezeichnet. Es hilft bei Nervenschmerzen infolge stumpfer Verletzungen, z.B. bei einem gequetschten Finger oder nach Sturz auf das Steissbein. Auch bei Verletzungen der Wirbelsäule oder Stichwunden und Geweberissen in nervenreichen Körperregionen wird es eingesetzt.
Johanniskrautöl in der Tierheilkunde
Johanniskrautöl ist eine gute Hilfe zur Behandlung von Wunden und Geschwüren bei Tieren. Tiere mit hellem Fell sollen nicht zu viel Johanniskraut fressen, da dies unter Lichteinwirkung zu Hautbeschwerden führen kann.
Johanniskraut in der Kräuterapotheke
Johanniskraut-Tee
1–2 TL Johanniskraut mit einer Tasse kochendem Wasser übergiessen, 5 bis 10 Minuten ziehen lassen, abseihen. 2- bis 3-mal täglich 1 Tasse über mehrere Wochen bis Monate trinken, da die Wirkung erst allmählich eintritt. Der Tee wird bei den angeführten Heilanzeigen sowie bei Wechseljahresbeschwerden (auch in Kombination mit anderen Heilkräutern), angewendet.
Vorsicht
Die Einnahme von Johanniskraut erhöht die Lichtempfindlichkeit der Haut (insbesondere bei hellhäutigen Menschen), was man Photosensibilisierung nennt. Daher sollte intensive Sonnenbestrahlung während der Anwendungszeit vermieden werden. Untersuchungen ergaben, dass insbesondere hochdosierte Fertigpräparate mit Johanniskraut Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, wie z.B. blutgerinnungshemmenden Mitteln, Antibabypille, haben können. Bei gleichzeitiger Einnahme anderer Medikamente ziehen Sie vor der Einnahme von Johanniskraut den Arzt oder Apotheker zu Rate.
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn es mir gelungen ist, Sie mit diesem Kräuterartikel zu motivieren und zu ermutigen, selber das eine oder andere Rezept auszuprobieren und Erfahrungen mit den Schätzen der Natur zu sammeln, freut mich das sehr. Ich wünsche Ihnen viel Freude und gutes Gelingen.
Ihre Ernestine
Text / Fotos Ernestine Astecker
- Quellen und weiterführende Literatur
- Fischer-Rizzi, S., Medizin der Erde.
- Kalbermatten, R., Wesen und Signatur der Heilpflanzen.
- Madejsky, M., Lexikon der Frauenkräuter.
- Rippe, O.,Madejsky, M., Amann, M., Ochsner, P., Rätsch, Ch., Paracelsusmedizin.
Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen. des Johanniskrautes erscheinen.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter. Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe Juni 2020, Text/Fotos Ernestine Astecker