Die Gundelrebe wirkt bei Blasenleiden, Magen- und Darmkatarrhen, Leberbeschwerden sowie grippalen Infekten und dank ihrer stoffwechselaktivierenden Eigenschaften blutreinigend.
Die Gundelrebe in der Natur und im Garten
Die Gundelrebe findet man auf Wiesen, an Wegrändern, Mauern und Zäunen. Sie wächst mit Vorliebe auf feuchten Böden und kriecht am Boden entlang wie Efeu. An den Verzweigungen der oberirdischen Ausläufer wachsen Wurzeln, die die Pflanze im Boden verankern. Die nieren- bis herzförmigen Blätter sind an den Rändern grob gekerbt und häufig rötlich überlaufen. Wenn die Gundelrebe von März bis Juni blüht, bildet sie aufrecht wachsende vierkantige Stängel. Die blauvioletten Blüten mit einer dunklen Zeichnung auf der Unterlippe sitzen in den Blattachseln. Sie gehört zu den Lippenblütlern wie Thymian, Melisse, Rosmarin, Pfefferminze oder Ysop. Oft taucht die Gundelrebe von selbst als «UnKraut» im Garten auf. Man kann das Wildkraut auch bewusst als Bodendecker im Garten ansiedeln, z.B. auf Baumscheiben oder zwischen Sträuchern. Wer sie im Garten hat, sollte sie nicht vertreiben. Dort wo Tagetes gepflanzt werden, wächst keine Gundelrebe mehr, da sich die beiden nicht vertragen.
Ernte und aufbewahren der Gundelrebe
In der Frühlingszeit wird die Gundelrebe mit Stängeln, Blättern und Blüten gesammelt, gesäubert und locker, luftig getrocknet. Das getrocknete Kraut vor Feuchtigkeit geschützt lagern, damit die Heilkraft erhalten bleibt. Die frischen Blätter werden zu Heilzwecken als Tropfen oder Würzbeigabe in der Küche verwendet.
Wissenswertes über den Namen der Gundelrebe
Donnerrebe, wilde Petersilie, Erdefeu, Guck durch den Zaun, Gundermann, Blauhulder, Buldermann, Gundelkraut, Frauenrebe lassen auf eine lange Tradition als Heilpflanze schliessen. Der Name Gundelrebe gründet auf der althochdeutschen Bezeichnung «Gund», was Eiter bedeutet. Bei Eiterzähnen, Abszessen, Zahnfisteln kann Gundelrebe den Eiter austreiben. Die botanische Bezeichnung heisst Glechoma hederacea. Glechoma leitet sich vom griechischen Wort «Glechon»= Poleiminze ab und nimmt Bezug zum minzenartigen Geruch der Pflanze. Hederacea stammt aus dem Lateinischen, bedeutet efeuartig und beschreibt wie die Pflanze wächst.
Mythologie und Brauchtum
Bei den alten Germanen genoss die Gundelrebe als Heilpflanze hohes Ansehen. Sie galt, wie auch andere in der Nähe von Häusern wachsende Pflanzen, als Verkörperung des Schutzgeistes. Wenn Kühe schlechte Milch gaben oder der Milchfluss versiegt war, dann wand man Kränze aus Gundelrebe, durch die hindurch die Kuh unter Aufsagen von Zaubersprüchen gemolken wurde, und gab ihr den Kranz anschliessend zum Fressen. Das Milchgeschirr wurde mit Gundelrebentee ausgewaschen. Sie galt als Pflanze für einen positiven Milchzauber. Unsere Vorfahren und andere Naturvölker bewerteten die Welt eben nach anderen Kriterien, als wir es heute tun. Heute weiss man, dass die Gundelrebe die Milch auch ohne Aufsagen von Zaubersprüchen wieder zum Fliessen bringt. Der «Herr des Eiters» wie die Gundelrebe im Volksmund genannt wird, besitzt beachtenswerte wundheilende und antibiotische Eigenschaften, die unter anderem auf die Labiatengerbstoffe zurückzuführen sind.
Gundelrebe bei den alten Kräuterkundigen
Hildegard von Bingen (12. Jh.) schätzte die Heilwirkung bei Erkrankungen von Brust und Lunge sowie bei Hautleiden und empfahl sie bei Nieren- und Leberbeschwerden, ausserdem bei Magenverstimmung. Die mittelalterlichen Kräuterkundigen verwendeten die «Frauenrebe» zur Entstauung und Reinigung der Gebärmutter. Tabernaemontanus (16. Jh.) empfahl die Gundelrebe zur Verbesserung des Gehörs. Wegen ihrer entgiftenden Wirkung wurde die Gundelrebe früher zum Ausleiten von Schwermetallen wie Quecksilber und Blei eingesetzt.
Ein Kraftpaket an Wirkstoffen
Die Gundelrebe enthält ätherische Öle, Bitterstoffe, Saponine, Gerbstoffe, Vitamin C, Harze, Wachse, Rosmarinsäure, Mineralstoffe, vor allem viel Kalium. Sie alle machen die Gundelrebe zu einer wertvollen Heilpflanze mit entzündungshemmenden, schleimlösenden, harntreibenden, stoffwechselanregenden und wundheilenden Eigenschaften.
Gundelrebe bei chronischem Husten
Gundelrebe wirkt schleimlösend und schleimverflüssigend auf zähen Schleim und hilft so bei chronischem Husten und Erkrankungen den Atmungsorgane. Überall dort, wo im Körper «Gund», d.h. Eiter, entstanden ist, kann sie helfen.
Gundelrebe hilft bei Blasenbeschwerden
Durch ihre entzündungshemmenden, harntreibenden und reizmildernden Eigenschaften hilft sie, Beschwerden bei Reizblase zu lindern.
Gundelrebe in der traditionellen chinesischen Medizin
In der traditionellen chinesischen Medizin wird sie zur Behandlung bei Störungen im Dickdarm, in der Blase und in den Lungen eingesetzt. Die thermische Wirkung ist warm. Sie vertreibt Feuchtigkeit, im unteren Erwärmer und in der Lunge, sie aktiviert Lunge und Dickdarm. Aus der chinesischen Medizin ist der Zusammenhang zwischen verschleimten Bronchien, Schleimansammlungen in den Kopfhöhlen und einem verschlacktem Darm bekannt.
Gundelrebe in der Küche
Die Pflanze entfaltet beim Zerreiben einen kräftigen herbaromatischen, leicht minzenartigen Duft . Von März bis Juni nutzt man die frischen Blätter der Gundelrebe zum Würzen von Tee, Kräuterwein, Bier, Kräuterlikör oder als Aroma für Öle. Die Blätter enthalten Vitamin C und können auch roh in der Natur zur Erfrischung des Atems gegessen werden. Zarte Triebspitzen und Blätter sind eine gute Zutat für Salate, Suppen, Omelette, Quiche, Kräuterquark, Kräuterbutter.
Die Blüten schmecken zart süsslich. Sie werden von April bis Juni als essbare Dekoration von Salaten, Aufstrichen oder als Aroma für Gemüse verwendet. Zur Begrüssung des Frühlings bereitet man in manchen Regionen traditionell am Gründonnerstag eine Suppe aus neunerlei Wildkräutern. Unter den verwendeten Frühlingskräutern finden sich kräftige Blutreiniger wie Bärlauch, Löwenzahn, Brennnessel oder Gundelrebe. Sie liefern reichlich Vitamine, spenden neue Lebensenergie und treiben den Winterstaub aus dem Körper. Diese Frühjahrs kur reinigt nicht nur Blut und Gemüt, sie schmeckt auch noch hervorragend. Wie sagte schon Hippokrates (griech. Arzt, 400 v. Chr.): «Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein, eure Heilmittel eure Nahrungsmittel.»
Gundelrebe in der Kräuterapotheke
Tee für die Frühjahrskur
2 TL pro Tasse mit kochendem Wasser übergiessen und 5 Minuten ziehen lassen. 3 Tassen pro Tag sind ausreichend. Gundelrebentee hilft bei Beschwerden der Atemwege, es löst Verschleimung. Er wird auch bei Entzündungen der Harnwege eingesetzt. Gundelrebentee aktiviert den Stoffwechsel und eignet sich als Frühjahrskur auch zusammen mit anderen stoffwechselanregenden Kräutern, z.B. Brennnessel, Löwenzahn.
Gundelreben Tropfen
Frisches, blühendes Gundelrebenkraut zerkleinern und locker zu zwei Drittel in ein sauberes Glas geben, mit gutem Kornbrand füllen, so dass alle Pflanzenteile mit Alkohol bedeckt sind. Das Glas verschlossen an einem kühlen Ort 4 Wochen stehen lassen, regelmässig schütteln. Nach dieser Zeit die Tropfen filtrieren und in ein braunes Fläschchen abfüllen, beschriften, kühl und dunkel aufbewahren. Die Tropfen wirken entzündungshemmend, blutreinigend und stoffwechselaktivierend. Sie helfen bei hartnäckigen und langwierigen Erkrankungen der Atmungsorgane, bei Blasenbeschwerden und unterstützen bei Stoffwechselerkrankungen. 3 × täglich 10 bis 15 Tropfen in etwas Wasser einnehmen über 3 bis 6 Wochen.
Gründonnerstags-Suppe mit neunerlei wilden Kräutern
In der Volksmedizin war schon immer bekannt, dass im ersten Grün, das nach der langen Winterzeit spriesst, eine grosse Kraft steckt. In diese Suppe kommen neun Kräuter, die gerade frisch gewachsen sind: Bärlauch, Brennnessel, Löwenzahn, Gundelrebe, Schafgarbe, Vogelmiere, Brunnenkresse, Gänseblümchen, Spitzwegerich. Pro Person ein bis zwei Handvoll frische Kräuter. Diese sorgfältig verlesen, gründlich waschen und klein schneiden. Die Kräuter in einem guten Öl andünsten, mit Gemüsebrühe ablöschen und einige Minuten köcheln. Dann mit Sauerrahm, Muskatnuss, Pfeffer und Kräutersalz abschmecken. Mit Gänseblümchenblüten garnieren. Guten Appetit! Diese Kraftspeise sollte man so oft wie möglich geniessen, denn sie ist ein echter Jungbrunnen.
«Wunderblättchenöl»
Die von Mai bis Juni gesammelten frischen Blättchen der Gundelrebe in ein Glasgefäss gegeben, leicht andrücken und während 3 bis 4 Tagen an die Sonne stellen. Dabei sammelt sich am Boden des Glasgefässes nach einigen Tagen eine helle Flüssigkeit, die vorsichtig abgeseiht wird. In einer dunklen Flasche an einem kühlen Ort aufbewahren. Die Wunden mehrmals täglich damit bestreichen.
Literatur
- S. Fischer-Rizzi, Medizin der Erde, Heyne TB, 2002
- St. G. Fleisch hauer, J. Gutmann, R. Spiegelberger, Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen, AT Verlag, 2013
- H. Hatzfeld, Heilpflanzen als Weg-Begleiter, Vianova Verlag, 2013
- S. Hirsch, F. Grünenberger, Die Kräuter in meinem Garten, freya Verlag, 2013
- A. Lingg, Das Heilpflanzenjahr, Kosmos Verlag, 2010
- M. Madejsky, Lexikon der Frauenkräuter, AT Verlag, 2008
- W.D. Storl, Heilkräuter und Zauber pflanzen zwischen Haustür
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe März 2016, Text Ernestine Astecker, Foto AdobeStock, Ernestine Astecker