Bergweg im Frühling im Wald auf den Dent de Vaulion

Zwischen Vallorbe und Vallée de Joux empfängt die Bergdame Dent de Vaulion Wanderer zum grossen Panoramakino. Das Sagen haben in der urtümlichen Juragegend aber die Wälder; sie sorgen mit ihrer Kraft für ein rundum gutes Wohlbefinden.

Wälder sind Balsam für Körper, Geist und Seele. Die reine Waldluft, die ätherischen Duftstoffe, die Ruhe und der Rhythmus der Natur stärken das Immunsystem, helfen Stress zu bewältigen und entspannen. Die Japaner haben dies wissenschaftlich untersucht und propagieren seither «Waldbaden»: den Aufenthalt im Wald, bei dem man tief ein- und ausatmet und die Heilkräfte der Bäume auf sich wirken lässt.
Haben die Japaner recht, müssen wir nach dem heutigen Wandertag durch und durch gestärkt und tiefenentspannt sein. Tausende von Bäumen begleiten uns auf der Tour von Vallorbe über die Dent de Vaulion nach Le Pont; von den viereinhalb Wanderstunden verlaufen gefühlte vier in bäumiger Umgebung. Der Waadtländer Jura ist reich an Wäldern, in Vallorbe nehmen sie zwei Drittel der Gemeindefläche ein. Uns soll es recht sein: Die Sonne heizt tüchtig ein. Was gibt es da Schöneres, als unter schattenspendendem Grün zu wandern?

Vallrobe liegt zu hinderst im Tal der Orbe

Vallorbe ist nicht nur reich bewaldet, sondern liegt auch reichlich abgelegen – zuhinterst im Tal der Orbe, am Ende der Schweiz. Umso mehr staunen wir, als wir dem Zug entsteigen: Der Bahnhof ist für einen 3700-Einwohner- Ort ein paar Nummern zu gross. Das historische Empfangsgebäude und die ausgedehnte Gleisanlage erzählen von Zeiten, als Vallorbe ein florierender Industrieort war, optimal gelegen an der Bahnlinie Lausanne–Dijon–Paris. Ab Ende des 19. Jahrhunderts brachte die Bahn viele Arbeitsplätze ins Tal. Elektrizität, Zement, Chlor, Bakelit, Kunststoffe und Werkzeuge gelangten von Vallorbe in die weite Welt.

Die Zeiten haben sich geändert. Die Wirtschaftskrisen des 20. Jahrhunderts zwangen Unternehmen zur Aufgabe, der Bahnbetrieb verlor an Bedeutung, der automobile Transitverkehr Frankreich–Schweiz lässt Vallorbe links liegen. Entsprechend gemütlich geht es heute im schmucken Ort mit den alten Jurahäusern zu und her. Geblieben sind nebst ein paar Fabriken die naturnahe Landschaft und die Ruhe, die das Dorf umgeben. Und auch die Orbe schlängelt wie jeher an den Häusern vorbei und fliesst gemächlich talwärts.

Aussicht auf Berge und Täler vom Dent de Vaullion
Der Dent de Vaulion markiert den Übergang ins Vallée de Joux. Unten am See liegt das Ziel der Tour, Le Pont.

Dent de Vaulion wacht über dem Tal

Hat man den Bach im Zentrum passiert, richtet sich die Aufmerksamkeit ohnehin auf das, was hinter dem Dorf liegt: Dent de Vaulion heisst die Bergdame, die über dem Tal wacht und auf Wanderer wartet. Ihr Gipfel gleicht mit den senkrecht abfallenden Felsen einem mächtigen Zahn, was ihr den Namen eingetragen hat. Ein Blick auf die steilen Berghänge bestätigt die Vermutung, dass wir uns in einer der waldreichsten Regionen der Schweiz befinden. Bäume, so weit das Auge reicht. Sie werden uns die nächsten Stunden begleiten.

Wanderer auf dem Dent de Vaulion im Frühling
Was für ein Panorama: Vom Dent de Vaulion hat man die ganze Mont-Blanc-Kette und den Lac Léman vor sich.

Zu Beginn ist der Aufstieg wenig spektakulär: Erst eine asphaltierte Waldstrasse, dann ein breiter Naturweg führen in die Höhe. Die Steigung ist eher für Forstfahrzeuge ausgelegt denn für Wanderer, im Wald dominiert die Fichte, der Brotbaum der Holzverarbeiter. Ein wenig Durchhalten ist gefragt – es lohnt sich. Mit einem Mal wird aus dem breiten Weg ein spannender, verschlungener Waldpfad, Felsen türmen sich über unseren Köpfen und selbstdie Steigung wird wandergerecht. Just, als einem die Sache zu gefallen beginnt, spuckt uns der Wald bei Sur la Voué aus. Welch ein Kulissenwechsel: Wiesen, Kühe, Blumen und ganz viel Sonne, dazu der lange Rücken, über den wir den Dent de Vaulionn erklimmen. Am Panorama sollte man sich zügig sattsehen, die Bäume kehren bald zurück. Doch das Landschaftsbild ändert: Juraweiden sind mit lockerem Wald bestockt, auf ihnen wird traditionell Vieh- und Holzwirtschaft betrieben. Mensch, Tier und Blumen schätzen das Licht, besonders der Gelbe Enzian schiesst wie Unkraut in die Höhe und malt unzählige Farbtupfer ins Grün. Wieder so ein Bild, an das man sich gewöhnen könnte, bis kurz vor dem Gipfel die Szene abermals kehrt.

Rundblick auf den Jurahöhen

Rau ist es auf 1483 Metern über Meer, auf den Jurahöhen pfeift der Wind. Dafür gibt es einen Rundblick, der seinesgleichen sucht. Weit unten im Tal ist Vallorbe auszumachen. Vor uns breiten sich das Genferseebecken und das Vallée de Joux aus. Acht Seen soll man bei klarer Sicht vom Dent de Vaulion aus sehen, die drei grossen heissen La de Joux, Lac Brenet und Lac Léman, die vergletscherten Berge dahinter gehören zum Mont-Blanc-Massiv.

Aussicht nach Frankreich von Vallorbe aus
Blick zurück vom Gipfel des Dent de Vaulion Richtung Vallorbe und Frankreich.

Solch eine Pracht hat man nicht für sich. Eine Fahrstrasse führt bis zur Buvette kurz vor dem Gipfel, eine bunte Menschenschar tummelt sich auf der Wiese. Die Bergdame ist begehrt, und das seit Langem. Einst bestanden Pläne, den Dent de Vaulion mit einer Bahnlinie zu erschliessen. Später wurde daraus ein Sesselbahnprojekt. Geworden ist, zum Glück, nichts daraus. Auch die Goldsucher, die im 18. Jahrhundert am Berg ihr Glück versuchten, blieben erfolglos.

Unten am grossen blauen See, da liegt Le Pont, unser Ziel. Der Ausflugsrummel bleibt schnell zurück, wenige nehmen den Abstieg ins Vallée de Joux zu Fuss in Angriff . Er verläuft , wie könnte es anders sein, mal über waldbestockte Juraweiden, mal ganz im Wald. Und ab und zu passiert man eine dieser hübschen Trockensteinmauern, die so typisch sind für den Jura. Ganz ohne Mörtel gebaut, trennen sie seit Jahrhunderten die Viehherden und spenden unzähligen Kleintieren eine Heimat. Gut gehen lassen es auch wir uns - nach den vielen entspannenden Waldaufenthalten zur Abwechslung mit einem Fussbad im See und einer währschaften Crêpe an der Promenade von Le Pont.

Tipps und Information zur Wanderung Dent de Vaulion

Wanderung: Vallorbe – Grands Crêts – Sur le Voué – La Mâche – Dent de Vaulion – Petra Felix – Sagne Vugnard – Le Pont. Varianten: Vom Gipfel des Dent de Vaulion über La Dent nach Le Pont absteigen. Spart eine halbe Stunde Wanderzeit.
Anforderungen: Einfache, weitgehend einsame Wanderung, die aber etwas Kondition erfordert. Reine Wanderzeit rund 4,5 Stunden.
An- und Rückreise: Vallorbe und Le Pont sind mit dem Zug über Lausanne und Cossonay-Penthalaz erreichbar.
Einkehr: In Vallorbe, auf dem Dent de Vaulion und in Le Pont.
Karten: Swisstopo-Wanderkarte 1:50 000, Blatt La Sarraz (251T); Swiss topo-Landeskarte 1:25 000, Blätter Orbe (1202) und Cossonay (1222).

Weitere schöne Frühlingswanderungen die man kennen sollte:

Wandern auf die Lägern - Balanceakt über dem Aargau

Wandern am Randen - Luftige Aussicht auf den Klettgau

Wandern in der Agglo Basel im Frühling in der Sissacherflue


NATURZYT Ausgabe März 2019, Text/Fotos Daniel Fleuti

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