Duftpflanzen geben jedem Garten eine besondere Note und machen die Stunden im grünen Reich zu einem Fest der Sinne. Ob betörendes Odeur, süsses Parfüm oder zitronige Düfte – die Natur bietet eine reiche Fülle an botanischen Nasenschmeichlern.
Der zarte Duft des Frühlings mit Maiglöckchen und Flieder, die süssen Rosendüfte, der würzige Geruch nach frisch gemähtem Gras im Sommer, das schwere, orientalische Parfüm exotischer Kübelpflanzen und der erdige Geruch von nassem Laub im Herbst – schon die Vorstellung dieser jahreszeitlichen Riecherlebnisse weckt zahlreiche Erinnerungen. Blumig, aromatisch, frisch: Unser Wortschatz wirkt reichlich plump, ob der Vielfalt der reichen Palette von Düften. Viel besser also, man «erriecht» die Gerüche der Natur selbst und legt sich einen Duftgarten an.

Die Gestaltung eines Duftgartens ist individuell und kreativ. Dabei kann man sich auf Duftinseln und -nischen beschränken – meist bleibt es jedoch nicht dabei. Denn ist man erst einmal in die Vielfalt der botanischen Nasenschmeichler eingetaucht, wird man kaum der Versuchung widerstehen können, neue Düfte zu entdecken. Duftpflanzen sollten an Stellen gepflanzt werden, wo man sie geniessen kann und wo sie nicht sofort wieder «vom Winde verweht» werden. Ein Duftgarten verlangt immer einen windgeschützten Bereich, an dem im Idealfall durch Sonneneinstrahlung die Luft erwärmt wird, sodass sich die Gerüche entfalten können. Eine Gartenmauer oder die Sonnenseite des Hauses sind als Duftnische besonders gut geeignet, weil die von der Sonne erwärmten Steine als Duftverstärker wirken.

Ein Duftgarten sind Erlebnisse für die Nase
Pflanzen geben je nach Art ihre Düfte unterschiedlich ab. Sogenannte Blühdufter wie Maiglöckchen, Phlox oder Lilien parfümieren die Luft intensiv, ohne dass man sie berührt. Blattduft er hingegen geben ihren Geruch erst frei, wenn das Laub zwischen den Fingern verrieben wird oder wenn man sie beim Spaziergang durch den Garten streift . Dazu gehören etwa alle Kräuter. Um ihnen die ganze Wonne der im Stiel und in den Blättern verborgenen Düfte zu entlocken, sollte man sie möglichst nah an Gartenwege oder Beetränder platzieren, wo man das würzige Parfüm im Vorbeigehen geniessen kann.

Ein Erlebnis für die Nase ist auch der Duft rasen: An sonnigen Plätzen bereiten Kräuterpolster zwischen den Trittplatten des Gartenwegs einen besonderen Empfang. Wandeln auf Duftwolken kann man auch, wenn man statt normalem Rasen flach wachsende Kräuter setzt. Sandthymian (ymus serpyllum), römische Kamille (Chamaemelum nobilis) und Teppichminze (Mentha requienii) sind dafür besonders gut geeignet und nehmen einem auch die Schur mit dem Rasenmäher nicht übel. Auf einem solchen Weg zu laufen, ist zwar Aromatherapie in ihrer schönsten Form, doch dabei ist auch Vorsicht geboten: Duftrasen wird von Insekten wie Bienen und Wespen aufgesucht, weshalb man besser nicht barfuss darüber geht.

Duftpflanzen auf mehreren Ebenen anlegen
Zwar «steigen» Düfte in die Nase – um es poetisch auszudrücken –, doch manchmal riecht etwas so gut, dass man am liebsten seine Nase ganz tief hineintauchen möchte. Damit man sich nicht dauernd zu den Blüten hinunterbücken muss, empfiehlt es sich, den Duftgarten in mehreren Ebenen anzulegen. Ein Garten wird umso schöner, wenn man rundum vom Duft umfangen wird. Neben Pflanzen in Hochbeeten oder Töpfen sorgen auch Ranker wie das kletternde Geissblatt (Lonicera x heckrottii) am Spalier, Duftwicken, die sich auf Nasenhöhe entlang des Zauns hangeln oder Blauregen (Wisteria synensis), der den Sitzplatz mit seinem intensiven Parfüm umrahmt, für ein noch intensiveres Dufterlebnis. Hecken aus blühenden Gehölzen wie etwa, Zaubernuss (Hamamelis mollis) oder Schneeball (Viburnum farreri) haben nicht nur den Vorteil, dass man auf Nasenhöhe schnuppern kann, sondern sie sind auch ein idealer Windschutz, um den Duft im Garten zu bewahren.

Düfte im Duftgarten für das ganze Jahr anlegen
Zwar entwickeln viele Duftpflanzen ihr Parfüm erst richtig an der Sonne, doch auch Gartenbesitzerinnen, die sich erst abends nach getaner Arbeit im grünen Reich entspannen können, kommen nicht zu kurz. Das reichhaltige Nektar-Buffet für Nachtfalter erfreut mit Blüten, die ihren Duft erst während der Dämmerung entfalten. Frühsommernächte können zu richtigen Duftorgien werden, wenn ein «Nachtschwärmerbeet» mit Nachtviolen (Hesperis matronalis), Levkojen (Mathiola bicornis) oder Nachtkerzen (Oenothera biennis) bepflanzt wird. Nützlicherweise legt man solch ein Beet am Rand der Terrasse an, dann kann man diese Geschöpfe der Nacht bequem im Sitzen geniessen.

Mit der richtigen Pflanzenauswahl wird man durchs ganze Jahr über von Blütendüften begleitet. So läutet etwa der Seidelbast (Daphne mezereum) bereits im Januar das Duftgartenjahr ein und wird später von Zwiebelpflanzen wie Hyazinthen oder Madonnenlilien abgelöst. Der Sommer bietet von der einjährigen Vanilleblume (Heliotropium arborescens) über die Federnelke bis zu zahlreichen Duftrosen eine reichhaltige Fülle an Duftpflanzen. Doch auch den Herbst kann man sich mit feinen Gerüchen versüssen lassen: Bis in den September hinein blüht die Goldmelisse (Monarda didyma), und exotische Kübelpflanzen wie die Duftblüte (Osmanthus delavayi) oder die Orangenblume (Choisya ternata) verlängern den Sommer.

Duftkompositionen richtig abrunden
Die Palette an Blüh- und Blattduftern ist gross, bei der Wahl geht man jedoch am besten der Nase nach. Düfte werden sehr individuell und unterschiedlich wahrgenommen. Auch die Kombination der «Dufter» ist Geschmackssache. Ähnlich wie bei der Zusammenstellung eines Menüs, darf man mischen, was einem am besten «riecht». Dabei sollte man ruhig pröbeln und verschiedene Variationen aus würzigen, süssen und zitronigen Düften ausprobieren. Das weiche Parfüm der Vanilleblume etwa bildet mit dem holzig duftenden Salbei eine appetitanregende Kombination, während der eher stechende Geruch des Tagetes mit der erfrischenden Minze interessante Gegensätze vermischt. Und die Kombination von süss duftenden Rosen mit herbem Lavendel und blumiger Katzenminze ist nicht nur für die Nase ein Erlebnis, sondern auch fürs Auge.

Die Pflanzen im Duftgarten müssen jedoch nicht nur Nasenschmeichler sein, sondern dürfen den Geruchssinn ruhig auch etwas kitzeln. Damit sich nicht alles in totalem Wohlgeruch auflöst, braucht es – wie in der Natur auch – einige Pflanzen, die auf den ersten Riecher vielleicht nicht unbedingt zusagen, jedoch eine interessante Komponente beitragen können. Sie machen sozusagen das Bouquet erst richtig rund. Natürlich muss man sich nicht gerade einen nach Aas stinkenden Drachenwurz ins grüne Reich setzen. Doch die eher animalisch riechende Stinkrauke (Diplotaxis tenuifolia), die wir als Wildpflanze kennen, oder der schmalblättrige Rucola (Diplotaxis erucoides) und der botanisch nah verwandte klassische Rucola (Eruca sativa) bringen mit ihrem zarten Duft nach Schweinefleisch Aufregung in den lieblich duftenden Reigen. Einige Kräuter riechen nach Wanze, etwa der echte Koriander (Coriandrum sativum), und auch die Weinraute (Ruta graveolens) ist nicht jedermanns Sache. Wie bereits erwähnt sind die Vorlieben unterschiedlich. Doch wenn man einen nach dem eigenen Geschmack komponierten Duft garten sein Eigen nennen kann, bleibt nur noch eins: Augen schliessen, tief Luft holen und geniessen.

Von der Nase direkt ins Gehirn
Wer kennt es nicht – ein bestimmter Duft weckt Kindheitserinnerungen, macht Appetit oder ruft Ekelgefühle hervor. Auch wenn Hunde etwa 100-mal besser riechen können als wir Menschen, haben wir alles andere als einen schlechten Riecher: Schon seit Urzeiten hilft uns der Geruchssinn zu überleben. Rund 10 000 verschiedene Düfte kann unsere Nase unterscheiden. Und das ist nicht leicht, denn Gerüche sind komplizierte Gemische. Was einem da als ein unverwechselbarer Duft in die Nase steigt, ist in der Regel ein Gemisch aus über hundert verschiedenen Molekülen. Kaffeeduft zum Beispiel besteht aus rund 200 chemischen Einzelkomponenten, der Duft einer Rose gar aus über 500 Einzelstoffen. Was die Nase erschnuppert, führt vom Riechhirn direkt zum Sitz der Emotionen, in einen Hirnteil namens Mandelkern. Er gehört zum sogenannten limbischen System, einem sehr alten Gehirnareal. Im Mandelkern erzeugen die eintreffenden Duftinformationen blitzschnell ein Gefühl, wobei die Kontrollmechanismen ausgeschaltet sind. Der Geruch von Schweinegülle lässt uns die Nase rümpfen, Lavendel hingegen erinnert uns an die letzten Ferien in Südfrankreich.
Wachsendes Duftgedächtnis
Den Umstand, dass Düfte im Unterbewusstsein Erinnerungen und Gefühle wecken, macht sich auch die Aromatherapie zunutze. Düfte haben eine hohe psychische und emotionale Wirkung. In der Aromatherapie werden Düfte im Zusammenhang mit Massage, Wickel, Bäder oder Inhalation ganz bewusst eingesetzt. Bei der Inhalation werden die Duftmoleküle über die Nasenschleimhaut aufgenommen und lösen von dort über das Nervensystem entsprechende Reaktionen im Körper aus. Wird das Duftöl über die Haut aufgetragen, gelangen die chemischen Wirkstoffe in die Blutbahn und verteilen sich so im ganzen Körper. Ob man einen Duft mag oder nicht, ist nicht angeboren. Es ist vielmehr abhängig von den Erfahrungen, die man mit einem Geruch gemacht hat. Versuche mit Kaninchen belegen etwa, dass neugeborene Nager besonders gerne Wacholdersträuche fressen, wenn ihre Mutter während der Trächtigkeit auch davon gefressen hat. Genauso nimmt auch der menschliche Fötus schon über die Nabelschnur Geschmacksund Geruchsstoffe des Speiseplans der Mutter auf. Die meisten Düfte jedoch lernt man erst nach der Geburt kennen. Mit zunehmendem Alter gewinnt der Mensch ein Duftgedächtnis, sodass der Geruch nach Krankheit oder Fäulnis als unangenehm, ja sogar ungesund empfunden wird, derjenige von frischem Gemüse oder Obst dagegen als angenehm.
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NATURZYT Ausgabe Juni 2024, Text Helen Weiss, Fotos Envato, pixelio