Als antimikrobielles und entzündungshemmendes Kraut wird der Spitzwegerich vielfach bei Erkältungskrankheiten wie Reizhusten, Heiserkeit, Bronchitis eingesetzt. Die Volksheilkunde kennt noch eine Reihe anderer Anwendungsgebiete.
Der Spitzwegerich hat längsverlaufende Blattadern
Als mehrjährige Pflanzen finden wir den Spitzwegerich (Plantago lanceolata) in ganz Europa und weiten Teilen Asiens. Er wächst auf Wiesen, Schutthalden, an Wegrändern. Die Blätter entfalten sich dicht am Boden und bilden eine lockere Grundrosette. Sie sind 10 bis 20 Zentimeter lang und lanzettlich geformt und haben deutlich erkennbare längsverlaufende Blattadern. Aus der Mitte der Blattrosette entspringen blattlose Stängel, an deren Ende unscheinbare bräunliche Blüten in Form einer Ähre sitzen. Auffallend sind die langen cremeweissen Staubblätter. Oft kommt der Spitzwegerich in Gesellschaft mit zwei anderen Wegericharten vor: dem Breitwegerich (Plantago major), der breite, ovale Blätter ausbildet und einen viel längeren Blüten stand auf kürzerem Stängel trägt, und dem Mittleren Wegerich (Plantago media), der in Bezug auf die Blätter und den Blütenstand eine Mittelstellung einnimmt. Der Breitwegerich wird ähnlich verwendet wie der Spitzwegerich.
Der Wegerich als Herrscher des Weges
Der wissenschaftliche Name Plantago leitet sich vom Lateinischen «planta» ab, was Fusssohle bedeutet. Der Artname lanceolata stammt vom Lateinischen «lanceo» (= Lanze) und beschreibt die Form der Blätter. Der deutsche Name Wegerich leitet sich vom Althochdeutschen «wega» = Weg ab und die Endung «rich» stand im Indogermanischen für «König oder Herrscher». Somit ist der Wegerich also der «Herrscher des Weges». In Nordamerika war früher nur der Mittlere Wegerich heimisch. Als der Breitwegerich dort ankam, nannten die Indianer ihn «Fussstapfen des weissen Mannes».


Der Spitzwegerich ist ansprungslos
Die Pflanze ist anspruchslos, bevorzugt aber eher trockene Böden und einen sonnigen Standort. Sie können die Samen im Frühjahr aussäen oder die Rosetten im Herbst teilen und am besten mehrere Pflanzen in eine Gruppe zusammensetzen.
Spitzwergerich ernten und richtig aufbewahren
Die Blätter des Spitzwegerichs können von Mai bis August gesammelt werden. Weil sie Pflanzenschleime enthalten, die zum Schimmeln neigen, werden sie sorgfältig Blatt neben Blatt zum Trocknen auf ein Tuch ausgelegt. Man kann die frischen Blätter auch auffädeln und zum Trocknen wie Wäsche auf die Leine hängen, an einem trockenen, schattigen Ort. Braun oder schwarz gefärbte Blätter sind wertlos und müssen aussortiert werden.
Der Spitzwergerich in der Volksheilkunde
Spitzwegerich wurde schon in der Steinzeit als Wundheilmittel verwendet. Im Mittelalter wurde er als Saft zur Spülung bei entzündeter Mundschleimhaut, Zahngeschwüren sowie als Umschlag bei wunden Füssen und Nasen- oder Augenentzündungen empfohlen. Heute ist die antibiotische Wirkung der frischen Pflanze bekannt.
Die alten Kräuterkundigen über den Spitzwegerich
Der heiligen Hildegard war die wassertreibende Wirkung des Spitzwegerichs bereits ebenso bekannt wie die Heilwirkung bei Insektenstichen. Pfarrer Kneipp lobte die wundheilende Wirkung: «Wie mit Goldfäden näht der Wegerich den klaffenden Riss zu …» Pfarrer Künzle schrieb: «Die Wegeriche reinigen Blut, Lunge und Magen und sind daher gut für Menschen, die wenig oder schlechtes Blut, schwache Lunge, schwache Stimme, bleiches Aussehen haben, immer hüsteln und heiser sind oder Ausschläge und Flechten produzieren. Allen diesen Menschen ist der Wegerich-Sirup zu empfehlen.» Ausserdem empfiehlt Pfarrer Künzle, bei Ohrenweh und Stechen in den Ohren einige Tropfen frischen Wegerichsaft in die Ohren zu träufeln, dann werden Stich und Schmerz vergehen.
Die Heileigenschaften des Spitzwegerich
Die Blätter des Spitzwegerichs enthalten eine gelungene Komposition der Heilstoffe: Schleimstoff e überziehen die angegriffenen Schleimhäute der Atemwege mit einer Schutzschicht, wirken dadurch reizmildernd und verhindern den reflektorisch ausgelösten Hustenreiz. Gerbstoff e helfen mit ihrer zusammenziehenden Eigenschaft Entzündungen einzudämmen und wirken ausserdem leicht schmerzlindernd. Kieselsäure festigt und stärkt das Lungengewebe, antibakterielle Stoffe bekämpfen Bakterien, ohne den Körper zu schwächen. Zink unterstützt die Wundheilung.
Spitzwegerich gegen Husten
Der Spitzwegerich ist ein Heilmittel bei allen Lungen- und Bronchialbeschwerden wie Husten, Bronchitis, Lungenentzündung. Als Begleittherapie bei Asthma, Lungentuberkulose und den angegriffenen Lungen starker Raucher. Das wichtigste Anwendungsgebiet ist der Reizhusten. Spitzwegerich ist auch für Kinder sehr gut geeignet und eine hervorragend wirksame Alternative zu den herkömmlichen Hustenblockern.
Spitzwegerich hilft bei Insektenstichen
Bei Insektenstichen die zerquetschten Blätter des Spitzwegerichs direkt auf die Stichstelle legen, der Juckreiz lässt nach und die Schwellung fällt weniger stark aus. Auch bei Schnitt- und Schürfwunden oder wundgelaufenen Füssen ist der Spitzwegerich ein hervorragendes Wundheilmittel. Spitzwegerich wirkt blutstillend, antibakteriell, entzündungshemmend und leicht schmerzlindernd.
Spitzwegerich als Anwendung in der Homöopathie
In der Homöopathie wird der Breitwegerich eingesetzt bei Zahn- und Ohrenschmerzen und Bettnässen. Empfohlen werden die Urtinktur und Potenzierungen bis D3 mehrmals täglich 5 bis 10 Tropfen.
Der Spitzwegerich in der Wildkräuterküche
Der Spitzwegerich ist ein hervorragendes Wildgemüse mit Champignongeschmack, vor allem in den Knospen. Die zarten Knospen können roh geknabbert, Salaten beigemischt oder in der Pfanne gedünstet werden. Die Blätter bilden eine gute Grundlage für Salate und Gemüse. Am besten erntet man die jungen Blätter in der Rosettenmitte und schneidet sie wegen ihrer starken Längsfasern quer zur Faser in Streifen. Von August bis Oktober kann man mit den Samen des Spitzwegerichs Gemüsegerichte verfeinern.
Wilder Wiesensalat
1 Handvoll junge, zarte Spitzwegerichblätter, 1 Handvoll Gänseblümchenblüten oder andere Wiesenkräuter,1 Handvoll Feldsalat (oder was es gerade im Garten gibt), kaltgepresstes Öl, Bio-Zitrone, 1 Apfel oder Birne, Nüsse. Zubereitung: Blätter und Salat waschen und klein zupfen. Apfel/Birne in Scheiben schneiden, mit Zitronensaft beträufeln und Salatblätter dazugeben. Honig, Meersalz, Öl und Wasser zu einer Marinade verrühren und mit dem Apfelsalat vermischen. Mit dem restlichen Zitronensaft abschmecken und die Nüsse dekorativ über den Salat streuen.
Spitzwegerich in der Kräuterapotheke
Frischpflanzensaft zur Entschlackung
Junge Spitzwegerichblätter mit dem Mörser zerreiben und durch ein Leinentuch pressen. Täglich 1 bis 2 Teelöffel des austretenden Saft es im Verhältnis 1:5 verdünnt mit Wasser oder Apfelsaft einnehmen.
Erdkammersirup
In ein weithalsiges Gefäss gibt man eine Schicht kleingeschnittener Spitzwegerichblätter, darauf eine Schicht Rohrzucker, dann wiederum eine Schicht Blätter usw., bis das Glas voll ist. Mit einer Schicht Rohrzucker abschliessen. Das Glas gut verschliessen, in die Erde vergraben und die Stelle markieren, damit er nach 2 Monaten wiedergefunden wird. Der Zucker hat sich nach 2 Monaten gelöst. Den Sirup abseihen und in eine dunkle Flasche füllen. Kühl lagern. Bei Heiserkeit, Husten und verschleimten Bronchien mehrmals täglich teelöffelweise einnehmen.
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn es mir gelungen ist, Sie mit diesem Kräuterartikel zu motivieren und zu ermutigen, selber das eine oder andere Rezept auszuprobieren und Erfahrungen mit den Schätzen der Natur zu sammeln, freut mich das sehr. Ich wünsche Ihnen viel Freude und gutes Gelinge
Ihre Ernestine
Quellen und weiterführende Literatur
- Brendieck-Worm, C., Klarer, F., Stöger, E., Heilende Kräuter für Tiere;
- Bühring U., Heilpflanzen für Kinder;
- Fischer Rizzi, S., Medizin der Erde;
- Hirsch, S. & Grünenberger, F., Die Kräuter in meinem Garten;
- Kalbermatten, R., Wesen und Signatur der Heilpflanzen.
Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfas serin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter. Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe März 2020, Text/Fotos Ernestine Astecker