gelbe Blüten der Schlüsselblume in einer Wiese im Frühling

Die Echte Schlüsselblume ist eine bewährte Heilpflanze bei Katarrhen der Atemwege, Stirn- und Nebenhöhlenentzündungen und bei Husten.

Schlüsselblumen lösen Schleim bei Bronchitis

Schlüsselblumen lösen und verflüssigen zähen Schleim in den Atemwegen und erleichtern das Abhusten bei Bronchitis. Gerade bei chronischer Bronchitis und Altershusten hat sich die Pflanze bewährt. Der duftende Tee aus zarten Schlüsselblumenblüten ist auch ein ausgezeichnetes Heilmittel bei Kindern mit festsitzendem Husten.

Schlüsselblumen bei Nasenhöhlenentzündungen

Durch ihren hohen Gehalt an Saponinen löst die Schlüsselblume festsitzendes Sekret in den Nasennebenhöhlen und den Bronchien, erleichtert das Abhusten und befreit vom dumpfen Kopfdruck bei Nebenhöhlenentzündungen.

Schlüsselblumen gelten als stimmungsaufhellende Pflanzen

In der Volksheilkunde gelten Schlüsselblumen seit Jahrhunderten als allgemeines Stärkungsmittel des Nervensystems. Sie wirken entspannend und beruhigend und können bei leichten Angstzuständen, Anspannung, Nervosität und Schlaflosigkeit hilfreich sein. Ausserdem wirken Schlüsselblumen stimmungsaufhellend, weshalb Zubereitungen bei depressiven Verstimmungen eingesetzt werden. Bei sehr sensitiven Menschen kann das Auflegen blühender Schlüsselblumen auf die Herzgegend – wie von Hildegard von Bingen beschrieben – durchaus eine beruhigende Wirkung erzielen.

Die echte Schlüsselblume ist am heilkräftigsten

Im Lenzmonat März leuchten gelbe Blütensonnen aus dem frischen Wiesengrün und erfreuen der Menschen Herz und Seele. «Primula veris» heisst die Echte Schlüsselblume mit dem botanischen Namen, was «kleiner Erstling des Frühlings» bedeutet. Sie verkündet den Frühlingsbeginn und das Erwachen der Natur. Die Echte Schlüsselblume findet man auf trockenen Wiesen, in Gebüschen und an Hängen bis auf 2000 Meter. Je nach Standort und Bodenbeschaffenheit zeigen sich unterschiedliche Formengestalten. Aus einem Rosettenkreis runzeliger Blätter wächst der Blütenstängel und trägt an seinem Ende dunkelgelbe Blüten, die am Grunde fünf orangefarbene Tupfen aufweisen. Die goldleuchtenden Blüten verströmen einen wunderbaren honigartigen Duft. Die Blüten sind von einem bauchig aufgeblasenen grünen Kelch mit spitzen Zähnchen umhüllt. Am heilkräftigsten ist die Echte Schlüsselblume. Die Hohe Schlüsselblume oder Waldschlüsselblume (Primula elatior) leuchtet mit hellgelben weit geöffneten Blüten, die fast geruchlos sind. Sie wird in der Volksheilkunde ebenso verwendet. Man findet sie an feuchten Stellen in Wiesen, in lichten Auenwäldern, an Bachufern und unter Obstbäumen. Früher waren die Wiesen übersät mit der goldenen Blütenpracht der Schlüsselblumen, schon lange jedoch hat der Kunstdünger sie hinweggefegt.

Was sagen die alten Kräuterkündigen zur Schlüsselblume?

Hildegard von Bingen (11. Jh.) empfahl, die Schlüsselblume bei Melancholie aufs Herz zu legen. «Der ‹Hymelslozel› (Schlüsselblume) ist warm und hat seine ganze Grünkraft und Wirkung vom hohen Sonnenstand». Damit ist die positive Wirkung gemeint, die die Schlüsselblume auf die Psyche hat: Sie weitet das Herz, schenkt Leichtigkeit und wirkt stimmungsaufhellend.

Tabernaemontanus (Arzt und Botaniker im 16. Jh.) schrieb, die Schlüsselblume helfe «gegen Blödhaupt, Gehirnverschleimung und verstopfte Nerven». Wer erlebt hat, wie sich eine Nasennebenhöhlenentzündung mit dumpfem Kopfdruck und benebelter Empfindung anfühlt, kann diese Worte gut nachvollziehen. Pfarrer Kneipp sagte: «Wer Anlage zur Gliederkrankheit (Gicht) hat oder schon an diesen Gebresten leidet, trinke längere Zeit hindurch täglich 1 Tasse Schlüsselblumentee. Die heftigen Schmerzen werden sich lösen und allmählich ganz verschwinden.»

Kräuterpfarrer Künzle schwärmt von der Schlüsselblume als eines der besten Teekräuter. Er sagte: «Alle Sorten haben eine gemeinsame Kraft, die Nierentätigkeit zu fördern, Harnsäure und Schleim auszuführen. Je stärker ihr Duft ist, desto heilkräftiger ist die Sorte.»

Für Maria Treben, die österreichische Kräuterfrau, sind Tee und Wein aus den Blüten der Schlüsselblumen ein ausgezeichnetes Mittel bei Herzbeschwerden.

Gelbe Blüten am Stiel der Schlüsselblume

Viele Märchen, Sagen und Geschichten ranken sich um die Schlüsselblumen

Viele Märchen, Sagen und Geschichten über Elfen, Feen und Pflanzengöttinnen ranken sich um die Schlüsselblumen. Bei den Germanen war es die Erdgöttin Freya, der die Schlüsselblume geweiht war. Sie trug in ihrer Krone einen Schlüssel, mit dem sie die Herzen der Menschen öffnen konnte. Am 20. März, zu Frühlingsbeginn, werden die Tage länger als die Nächte. Das Licht ist jetzt stärker als die Dunkelheit. Und in vorchristlicher Zeit war die Schlüsselblume eng mit den Sonnenfesten im Jahreskreislauf verbunden. Um die Osterzeit feierte man das Fest der im Osten aufsteigenden Sonne, der weiblichen Göttin Ostara. Ein Symbol für die Kraft der wiedererwachenden Natur mit Licht, Wärme und neuem Leben. Im Christentum wurde dann die Schlüsselblume Maria übertragen und erhielt den Namen «Marias Himmelschlüssel». Die Bezeichnung «Allerweltsheil» macht die grosse Verehrung der Schlüsselblume in früheren Zeiten bewusst und weist auf die vielfältigen Heilkräfte dieser Frühlingsbotin hin.

Sie ist auch eine Heilpflanze für Tiere, die Schlüsselblume

Durch ihre sekretlösenden und auswurffördernden Wirkungen kommen Schlüsselblumenblüten und -wurzeln bei Erkältungskrankheiten mit festsitzendem Husten auch für Tiere zum Einsatz. Ein Tee aus den Blüten der Echten Schlüsselblumen ist ideal für Jungtiere. 1 TL Schlüsselblumenblüten mit ¼ L kochendem Wasser übergiessen, 3 Minuten ziehen lassen, abseihen. Mindestens 2 -mal tägliche Verabreichung.

Schlüsselblumen enthalten Mineralstoffe wie Magnesium und Kalium

Schlüsselblumenblätter enthalten Mineralstoffe insbesondere Magnesium und Kalium, ausserdem Vitamin C und ätherische Öle. Man erntet sie im zeitigen Frühjahr, am besten noch vor der Blütezeit. Sie können wie Spinat oder Kohl zubereitet werden. Mit ihrem etwas scharfen Geschmack passen sie auch zusammen mit anderen Wildkräutern wie Schafgarbe, Giersch, Wegerichblätter als Beigabe zu Salaten, Suppen und Sossen. Die frischen Blüten werden nach Entfernen des grünen Kelches für Blütenessig, Schlüssel blumenwein oder -likör verwendet. Frisch oder getrocknet würzen sie verschiedene Süssspeisen und dienen als bunte Speisendekoration.

Schlüsselblumen-Essig für zarte Wildkräutersalate

1 bis 2 Handvoll Schlüsselblumenblüten in ein schönes Glasgefäss geben und mit ½ L gute m Weissweinessig übergiessen. 2 Wochen lang an der Sonne stehen lassen, anschliessend abfiltrieren. Der zarte Blütenessig gibt Wildkräutersalaten eine edle Note und dient ausserdem der Gesundheit.

Einmachglas mit Blüten vor einer Schlüsselblume

Schlüsselblumen in der Kräuterapotheke

Sammeln, ernten und aufbewahren von Schlüsselblumen

Medizinisch verwendet werden die Blüten und die Wurzeln der Schlüsselblumen. Die Echte Schlüsselblume ist regional geschützt und darf nicht gepflückt werden. Daher ist es wichtig, sich vor dem Sammeln örtlich zu erkundigen. Da auch die Hohe Schlüsselblume vielerorts nur noch selten vorkommt, dürfen Wurzeln nicht gegraben werden. Mit dem Graben der Wurzeln stirbt die Pflanze ab. Wenn Sie die Schlüsselblumen in ihrem Garten ansiedeln, können Sie mit dazu beitragen, eine selten gewordene Pflanzenart wieder zu vermehren. Jungpflanzen lassen sich in gut sortierten Kräuter Gärtnereien bestellen. Getrocknete Schlüsselblumenblüten und -wurzeln erhalten Sie in Drogerien und Apotheken. 

Die Blüten werden im Frühjahr mit dem grünen Kelch gezupft, da sich hier ebenfalls wirksame Inhaltsstoffe befinden. Im Herbst gräbt man die Wurzeln. An einem warmen, geschützten Platz schonend trocknen, da sich die Blüten bei direkter Sonnenbestrahlung schnell verfärben. Lagerung lichtgeschützt in Glasgefässen oder Stoffbeuteln.

Sirup aus Schlüsselblumenwurzeln

3 bis 4 EL Schlüsselblumenwurzeln (aus Drogerie, Apotheke oder aus dem eigenen Garten) mit 1 Tasse Wasser 10 Min. auskochen, abseihen und mit 4 bis 5 EL Honig vermischen. Bei Husten nach Bedarf mehrmals täglich 1 TL voll einnehmen.

Schlüsselblumen-Tee

1 TL Blüten mit 1 Tasse kochendem Wasser übergiessen, 5 Minuten ziehen lassen, abseihen. Bei fiebrigen Erkältungen und verstopfter Nase, Husten sowie Stirn- und Nasennebenhöhlenentzündungen mehrmals täglich 1 Tasse trinken. Der Tee ist auch hervorragend in der Kinderheilkunde geeignet. Sie können Schlüsselblumen auch mit anderen Hustenkräutern wie Spitzwegerichblättern, Veilchenblüten, Fenchelsamen und Gänseblümchenblüten zu einem wohlschmeckenden Hustentee mischen. Nach Hildegard von Bingen wird Schlüsselblumen-Tee auch bei depressiven Verstimmungen angewendet.

Schlüsselblumen-Entschlackungskur im Frühjahr

Schlüsselblumen regen den Stoffwechsel an und wirken schweiss- und harntreibend. Daher eignen sie sich ideal für eine entschlackende Frühjahrskur und bei rheumatischen Schmerzen. Hierfür können Sie Schlüsselblumen mit Brennnessel- und Birkenblättern sowie Löwenzahnwurzeln zu gleichen Teilen mischen. 1 TL Kräuter mit 1 Tasse kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen. Trinken Sie 3mal täglich 1 Tasse, 6 Wochen lang. Achten Sie dabei auf genügend Wasserzufuhr.
Hinweis: Vereinzelt können nach der Einnahme von Schlüsselblumen Hautreizungen oder andere allergische Erscheinungen auftreten. Schlüsselblumen dürfen bei Primelallergie nicht angewendet werden.

Liebe Leserin, lieber Leser, ich wünsche Ihnen viel Freude mit den Schätzen der Natur.

Ihre Ernestine

Quellen und weiterführende Literatur

  • Bingen, v. H., Hildegard von Bingen Werke, Abtei St. Hildegard/Eibingen, Bd. 5, Physica, I.I99. Brendieck-Worm
  • C., Klarer, F., Stöger, E., Heilende Kräuter für Tiere
  • Bühring, U., Alles über Heilpflanzen
  • Dreyer, E.M., Essbare Wildpflanzen Europas
  • Fischer-Rizzi, S., Medizin der Erde
  • Künzle, J., Das grosse Kräuter-Heilbuch
  • McIntyre, A., Das grosse Buch der heilenden Pflanzen
  • Stumpf, U., Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter
  • Treben, M., Meine Heilpflanzen

Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine

Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.


Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haft ung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.

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NATURZYT, Ausgabe März 2023, Text Ernestine Astecker, Fotos Ernestine Astecker, Adobestock

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