Baum mit grünen Blätter und weissen Blüten
Im Mai bringt der Baum in üppiger Weise weisse Blütenkerzen hervor, die durch das grüne Blätterdach leuchten.

Die Anwendung in der Volksmedizin erfolgt schon seit Langem, da man früh erkannte, dass Rosskastanien ausgezeichnete venenstärkende Eigenschaften besitzen.

Die Rosskastanie wird eingesetzt bei venösen Stauungen, nächtlichen Wadenkrämpfen, geschwollenen und schmerzenden Beinen, Juckreiz und Schweregefühl in den Beinen, Krampfadern, Venenentzündung, Hämorrhoiden. Es gibt eine grosse Anzahl von Fertigarzneimitteln für die äusserliche und innere Anwendung. Meist handelt es sich um Extrakte der geschälten oder ungeschälten Samen (genannt Rosskastanien), aber auch Produkte aus Blüten, Blättern oder Rinde werden angeboten.

Rosskastanie für kräftige Venen

Die Inhaltsstoffe der Rosskastanie kräftigen die Venen, wirken durchblutungsfördernd, zusammenziehend auf die Gefässe, gewebsentwässernd und entzündungshemmend. Stauungen im Venen-Lymphsystem werden gelöst und der Rückfluss des Blutes reguliert. Erschlaffte Venen werden gestrafft und die Brüchigkeit der kleinen Blutgefässe vermindert. Die Hauptwirkstoffe, das Aesculin (Cumarinderivat) und Aescin (Saponingemisch) sind heute gut erforscht. Pflanzen und auch Bäume sind jedoch «Vielstoffgemische» und es sollte die Gesamtheit der Inhaltsstoffe beachtet werden.

Was sagen die Kräuterkundigen zur Rosskastanie? 

Der Arzt und Botaniker Matthiolus beschrieb 1565 die Anwendung der Rosskastanien bei Husten und Dämpfigkeit der Rösser durch türkische Pferdeknechte. Die in den Früchten vorhandenen Saponine (Seifenstoffe) lösen zähen Schleim in den Bronchien kranker Tiere. Früher wurde das getrocknete Mehl der Rosskastanien geschnupft, um Erkältungen und Katarrhe fernzuhalten. Für Pfarrer Johann Künzle sind Rosskastanienblüten ein ausgezeichnetes Mittel gegen Hämorrhoiden und Unterleibsblutungen. Rosskastanienmehl, mit Wasser angemacht, gibt ein wirksames Pflaster gegen Rheumatismus, ist bei Pfarrer Künzle zu lesen.

Weisse Blütenpracht an einem Baum
Die weissen Blüten besitzen am Grund zunächst gelbe, später rote Saftmale. Nur Blüten mit gelbem Saftmal produzieren Nektar und werden von den Bienen angeflogen.

Die Rosskastanie ist ein beliebter Alleebaum

Wegen ihrer weit ausladenden, dicht belaubten und schattenspendenden Krone wird die Rosskastanie gern in Parkanlagen angepflanzt. Sie ist auch als Alleen- und Gartenbaum anzutreffen. Gelegentlich kommt sie auch verwildert vor. Anhand charakteristischer Merkmale ist sie leicht zu erkennen: Im Winter zeigt die Rosskastanie klebrige Knospen an ihren Zweigen, die geduldig auf die wärmende Sonne warten, um endlich aus dem Inneren hervorzuspriessen. Unverwechselbar sind die langgestielten fünf- oder siebenfach gefiederten handförmigen Blätter. Im Frühling leuchten die üppigen, meist aufrechten Blütenkerzen aus dem Blattgrün hervor. Die weissen Blüten besitzen am herzförmigen Grund zunächst gelbe, später rote Saft male. Nur Blüten mit gelbem Saft mal produzieren Nektar und werden von Bienen angeflogen. Nachdem die Blütenkerzen ihre weissen Hüllen abwerfen, sind bald die kleinen stacheligen Früchte zu erkennen. Im Herbst dienen die glänzenden, rotbraunen Samen, auch Rosskastanien genannt, als kreativer Bastelspass für Kinder. Ein vermehrter Befall der Rosskastanien-Miniermotten führt zum frühzeitigen Abfallen der Blätter und macht den Baum anfälliger. Aus der Kreuzung zwischen der europäischen Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) mit einer hellrot blühenden nordamerikanischen Art (Aesculus pavia) ist die bei uns rote Art Aesculus x carnea entstanden. Dieser Baum ist etwas kleiner und trägt rote Blüten. Die Edelkastanie (Castanea sativa), bekannt als Maroni, ist mit der Rosskastanie nicht verwandt.

Spannendes aus der Rosskastanien-Geschichte

Der Rosskastanienbaum kommt ursprünglich aus Westasien, wo er von der Türkei bis zum Himalaya einheimisch ist. Im Jahre 1576 wurde er zum ersten Mal in Mitteleuropa, in Wien, angepflanzt. Die Rosskastanie war der Lieblingsbaum des Sonnenkönigs Ludwig XIV., der viele Schlossgärten und Alleen mit ihr bepflanzte. Sie gehört zur Familie der Kastaniengewächse (Hippocastanacea) und kann über 300 Jahre alt werden. Der Name «Rosskastanie » leitet sich vom Umstand ab, dass die Früchte in früheren Zeiten den Pferden als Futter verabreicht wurden. Der lateinische Gattungsname «Aesculus» bedeutet «Futter». Der Artname «hippocastanum » leitet sich vom griechischen Wort «Hippo» (Pferd) ab.

Gedankenruhe aus dem Inneren

«White Chestnut», die Blütenessenz aus der weissen Rosskastanie nach Dr. Bach, befreit aus dem ständigen Kreisen der Gedanken und hilft den Gedankensturm zu stoppen. Aus einem Zustand innerer Ruhe wird es möglich, die Gedanken zu ordnen, sich mit Klarheit auf das Wesentliche im Jetzt zu konzentrieren und neue Lösungswege zu entdecken.

Das Wesen des Rosskastanienbaumes

Der Baum verkörpert eine gewisse Schwere, so als ob der meist verdrehte Stamm von der Last der Krone zusammengedrückt würde. Andererseits vermittelt die Rosskastanie mit ihren leuchtenden weissen Blütenkerzen eine gewisse Fröhlichkeit und Heiterkeit. Nach R. Kalbermatten bringt die Rosskastanie Entwicklungs-Prozesse, die sich der inneren Führung entzogen haben, wieder unter Kontrolle.

Grüne Konspe im Sommer
Aus den stark klebrigen und glänzenden Knospen entfalten sich die später handförmigen Blätter. In der Knospe sind die winzigen Blätter mit einem dichten, weissen Filz geschützt.

Die Knospe und der Rosskastanien-Baum

In jeder Knospe (lat. gemma) einer Pflanze steckt das vollständige Potenzial, welches sich entfalten möchte. Mit fest verschlossenen, schuppenartigen Deckblättern umhüllt, verharrt sie den ganzen Winter, während sie in ihrem Inneren in ihrer Stärke wächst. Lockt die Sonne und steigt der Saft aus den Wurzeln nach oben, wird die Sprengkraft stark genug, sie öffnet sich und Blätter und Blüten brechen hervor. «Die Pflanze beginnt gleichsam mit jeder Knospenbildung ein neues Stadium ihres Lebens, sie regeneriert sich, sie konzentriert ihre Kräfte, um sie von Neuem wieder zu entfalten», so Rudolph Steiner. Jede Knospe enthält bereits alle Pflanzenorgane, auch wenn diese noch sehr klein sind. Die Volksmedizin wusste um die Heilkraft der Knospen. Der belgische Arzt und Naturforscher Dr. Pol Henry veröffentlichte 1959 Forschungsergebnisse mit embryonalen Pflanzengewebe. Der Begriff «Gemmotherapie » geht auf Dr. Max Tétau, einen Mitarbeiter Henrys, zurück. Die Auszüge aus den Knospen besitzen eine hervorragende Heil- und Regenerationskraft und werden bei vielen akuten und chronischen Beschwerden und Erkrankungen eingesetzt.

Grüne Knopse vor einem braunen und weissen Einmachglas

Rosskastanie in der Kräuterapotheke

Kastanienblütentee

1 TL Blüten mit einer Tasse kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abseihen. 2 bis 3 Tassen pro Tag. Kastanienblütentee hat positive Auswirkungen bei Erkältungen, Husten und Neuralgien.

Hinweis: Zubereitungen aus der Rosskastanie können die Schleimhäute des Magens und des Darms reizen. Daher sollten sie immer nach den Mahlzeiten eingenommen werden. Selten können bei innerer Anwendung Juckreiz, Übelkeit und Magenbeschwerden auftreten.

Badezusatz aus Kastanienfrüchten

Aus den Kastanienfrüchten haben sich Bäder besonders bei Gicht, Rheuma und Durchblutungsstörungen bewährt. Auf ein Vollbad nimmt man etwa einen 3-Liter-Topf Kastanien. Diese werden klein geschnitten und über Nacht in Wasser eingeweicht. Am nächsten Tag kurz aufkochen, abseihen, dem Badewasser zugeben und gut mischen.

Tinktur aus Kastanienfrüchten

Aus den Kastanien lässt sich mit Korn eine Tinktur herstellen. Die frischen Früchte schälen und klein schneiden. In ein Glas geben und mit Korn auffüllen. Glas verschliessen. 3 Wochen ziehen lassen, regelmässig schütteln. Anschliessend abseihen und in eine braune Flasche füllen. Diese Tinktur ist ein gutes Einreibemittel bei müden, schweren Beinen und bei Rheumaschmerzen. Hinweis: Vor dem Sammeln von Kräutern oder vor der Suche nach Knospen muss man vollkommen sicher sein, dass man die erforderlichen Kenntnisse hat, um die Kräuter, Pflanzen und Pflanzenteile richtig und korrekt zu bestimmen. Die weissen Blüten besitzen am Grund zunächst gelbe, später rote Saftmale. Nur Blüten mit gelbem Saftmal produzieren Nektar und werden von den Bienen angeflogen. 

Liebe Leserin, lieber Leser, ich wünsche Ihnen viel Freude mit den Schätzen der Natur.

Ihre Ernestine Astecker

Quellen und weiterführende Literatur

  • Bichsel, B.; Dr.med., Brönnimann, J., Dr.med., Gemmotherapie.
  • Bühring, U., Praxislehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde.
  • Fischer-Rizzi, S., Blätter von Bäumen.
  • Ganz, Ch., Hutter, L., Gemmotherapie.
  • Kalbermatten, R., Wesen und Signatur der Heilpflanzen.
  • Künzle, J., Das grosse Kräuterheilbuch.
  • Lingg, A., Bäume & die heilende Kraft des Waldes.
  • Scheffer, M., Storl, W.-D., Die Seelenpflanzen des Edward Bach.
  • Vonarburg, B., Homöotanik.

Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine

Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.


Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.

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NATURZYT Ausgabe März 2024, Text/Fotos Ernestine Astecker

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