Edelkrebs in sauberen Flussbeet mit klarem Wasser

Sie begeisterten und faszinierten uns schon immer, die «scherenbewehrten» Ritter in ihrer Rüstung mit ihrer verborgenen Lebensweise. Unsere Flusskrebse.

Früher waren sie in jedem Bach anzutreffen, unsere drei einheimischen Flusskrebse, der Dohlenkrebs, Steinkrebs und Edelkrebs. Heute sind sie vielerorts verschwunden und gehören zu den gefährdeten Arten (Edelkrebs) respektive gelten als stark gefährdet (Dohlenkrebs und Steinkrebs).

Flusskrebse in der Schweiz. Drei sind bedroht und vier neue eine Bedrohung

Der Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes) kam nach der Eiszeit von Westen, der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) vom Osten. Den dritten, den Edelkrebs (Astacus astacus), haben mittelalterliche Mönche als Fastenessen in unsere Gewässer gebracht.

In den letzten 150 Jahren wurden durch den Menschen vier Neuankömmlinge, ob bewusst oder unbewusst, in die Gewässer entlassen. Es ist der Galizierkrebs (Astacus leptodactylus) aus Südeuropa sowie drei amerikanische Arten, der Kamberkrebs (Orconectes limosus), der Singalkrebs (Pacifastacus leniusculus) und der rote Sumpfk rebs (Procambarus clarkii). Dies Neuankömmlinge machen nicht nur den einheimischen Arten den Lebensraum streitig, sondern die amerikanischen drei sind auch Überträger der Krebspest.

Amerikanische Sumpfkrebs auf einem Flussstein
Der rote amerikanische Sumpfkrebs gefährdet unsere Einheimischen, weil er unter anderem Träger der Krebspest ist.

Die Krebspest kam gegen 1880 zusammen mit den Kamberkrebsen nach Europa. Die Infektion mit dem pilzähnlichen Krebspesterreger führt bei unseren heimischen Krebsarten nach ein bis zwei Wochen ausnahmslos zum Tod. Damit kann diese Krankheit in kürzester Zeit ganze Populationen in Bächen und Flüssen auslöschen. Dieser Erreger verbreitet sich über Zoosporen, die in feuchtem Milieu bis zu zwei Wochen überleben können. Die Hauptträger sind vor allem die resistenten nordamerikanischen Flusskrebsarten, die zeitlebens Zoosporen ausscheiden. Er kann sich über feuchte Gegenstände wie beispielsweise Gummistiefel, Fischernetze, Angelruten etc. zwischen den Gewässern übertragen.

Flusskrebse sind durch Lebensraumverlust und Gewässerverschmutzung bedroht

Auch wasserbauliche Massnahmen haben in der Vergangenheit viele Fliessgewässer als Lebensraum für die Flusskrebse vernichtet. Noch vor wenigen Jahrzehnten haben industrielle Abwässer die Bäche und Flüsse teilweise stark verschmutzt. Ebenso führen kurzfristige punktuelle Verschmutzungen durch Regenüberläufe oder Gülleeinträge zu Schäden an den Beständen. Auch die Nutzung von Bachabschnitten in Weideflächen, zum Beispiel als Viehtränke, führen zu Schäden. Ebenso reagieren Flusskrebse auf Insektizide wie auch andere Wasserbewohner sehr empfindlich.

Braunscheinender Edelkrebs auf einer grünen Wiese
Der Edelkrebs ist mit bis zu 20 Zentimeter Länge der grösste heimische Flusskrebs. Sein massiger, nur schwach bedornter Körper weisst eine mittel- bis dunkelbraune Färbung auf, kann aber auch stark variieren, so sind manchmal blaue Exemplare zu sehen.

Flusskrebse sind die Gewässerpolizei und Müllabfuhr

Flusskrebse sind nicht sehr heikel, was ihre Nahrung anbelangt, und essen praktisch alles organische Material, was sich verwerten lässt. Sie sind je nach Alter und Wassertemperatur mehr herbi- oder karnivor. So gehören Mollusken (Weichtiere) und Wasserinsekten zur Beute. Aber auch kleinere Artgenossen oder sich in der Häutung befindende wehrlose Flusskrebse stehen auf dem Speiseplan. Bei feuchter Witterung wird die Nahrung auch an Land gesucht. Sie sind eine Art «Gewässerpolizei» und «Müllabfuhr», da sie abgestorbene Flora und Fauna schnell beseitigen.

Dohlenkrebs zwischen grauen Kieselsteinen
Der Dohlenkrebs – mit gegen 12 Zentimeter Länge ist er kleiner als der Edelkrebs, hat aber etwas breitere Scheren und seitlich hinter der Nackenfurche eine charakteristische Bedornung. Er kommt vor allem in der Westschweiz vor.

Krebse müssen sich regelmässig häuten, denn nur so können sie wachsen in dem starren Exoskelett. Jungtiere im ersten Jahr machen dies bis zu 10 Mal. Ausgewachsene nur noch 2 Mal pro Jahr. Die Vorbereitung zur Häutung dauert gut eine Woche, und für die anschliessende Aushärtung werden weitere 3 bis 4 Tage benötigt. In dieser Zeit der Aushärtung ist der Krebs sehr weich und somit verletzlich. Und damit eine einfache Beute für andere, grössere Tiere.

Steinkrebs auf einem Stein am Sonnenbaden
Der Steinkrebs hat maximal 9 Zentimeter Körperlänge und ist damit die kleinste einheimische Flusskrebsart. Er ist auf saubere, naturnahe Fliessgewässer angewiesen, mit stabilem Bodensubstrat mit lückiger Steinauflage. Seine Verbreitung ist vor allem auf das östliche Mittelland beschränkt.

Im Herbst ist die Paarungszeit. Das Weibchen befestigt seine befruchteten Eier auf der Unterseite des Schwanzteils und betreibt intensive Brutpflege. Je nach Wassertemperatur schlüpfen die Larven Ende Mai bis Mitte Juli. Bereits nach 7 bis 10 Tagen erfolgt die erste Häutung. Flusskrebse brauchen naturnahe Gewässer ohne Belastungen, um überleben zu können. Mit dem Aktionsplan Flusskrebse und der Koordinationsstelle Flusskrebse Schweiz ( www.flusskrebse.ch ) werden zwei hauptsächliche Ziele verfolgt. Einerseits der Schutz der einheimischen Populationen und andererseits die Bekämpfung und Eingrenzung der Bestände fremder Flusskrebsarten. Flusskrebse unterstützen kann auch jeder Einzelne von uns, mit ein paar einfachen Verhaltensregeln (siehe Box), um einerseits die Verbreitung der eingeschleppten Arten zu verhindern und auch die Verbreitung der Krebspest zu stoppen.

Verhaltensregeln beim finden von Flusskrebsen

Flusskrebse auf keinen Fall von einem Gewässer ins andere setzen. Erstens ist dies verboten und zweites fehlt es an Fachkenntnissen. Ein irrtümliches Eingeschleppen fremder Arten in ein Gebiet von einheimischen hätte für diese tödliche Folgen. Alle Gegenstände, wie Gummistiefel, sollten keimfrei gemacht werden, bevor andere Gewässer betreten werden, da sich die Zoosporen der Krebspest daran befinden könnten und somit eine Verbreitung gefördert würde. Auch Hunde, welche von einem Gewässer ins andere springen, können die Zoosporen verbreiten. Selbstredend ist das Ausschütten von Flüssigkeiten oder Aussetzen von Wassertieren in der Natur verboten und zu unterlassen. Weitere interessante Informationen auf www.flusskrebse.ch

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NATURZYT Ausgabe September 2021, Text Michael Knaus, Fotos AdobeStock

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